Jaguar

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Zina Straudt

Die aufgeregte, ja nahezu aufgekratzte Stimmung die ihr beim Eintreten entgegenschlug, ließ sie stutzen. Während sie noch verwundert im Flur stand und zu den ihr freundlich entgegenschallenden Begrüßungen nur wortlos nicken konnte, trat auch schon eine alte, weißhaarige Dame auf sie zu und fasste sie drängend am Arm.
„Kindchen, da sind sie ja endlich! Frau Wilhelms ist schon im Besprechungsraum und erwartet sie sehnsüchtig. Husch, husch“ und damit schob sie Ruth zur nächsten Tür, ohne ihr Gelegenheit zu einem Widerspruch zu lassen.
Völlig verdattert betrat Ruth den Raum und sah sich ihrer Chefin gegenüber, die sie trotz ihrem bandagierten Fuß freudestrahlenden aus ihrem Rollstuhl heraus begrüßte.
„Ruth, mein liebes Kind, da sind sie ja. Wir warten schon auf sie um dieses großartige Ereignis zu feiern. Kommen sie, nehmen sie Platz und stoßen sie mit uns auf die gute Zusammenarbeit in der Zukunft an!“
Ruths Mund klappte auf und sie fragte sich kurz, ob hier eventuell Altersdemenz im Spiel war, als eine Gestalt aus dem Schatten der Bücherregale auf sie zutrat.
Das warme, volltönende Timbre seiner Stimme ließ sie erschauern und vor Schreck fiel ihr die Tasche aus den Händen.
„Guten Morgen Ruth, ich freue mich, dich zu sehen“ sagte Richard lächelnd.

Epilog

Die Frau vor der imposanten Tür der Hotelsuite zupfte noch einmal ihren Trenchcoat zurecht bevor sie den Gong betätigte. Lange musste sie nicht warten, bis sich die Tür öffnete.
Der Mann im Rahmen betrachte sie verdutzt, doch die Frau ließ ihm keine Gelegenheit, sie nach ihrem Begehren zu fragen.
„Entschuldigen sie vielmals“ begann sie und bedachte ihn mit einem koketten Augenaufschlag, „ich glaube, ich habe gerade beim Einparken ihren Wagen touchiert. Darf ich eintreten oder möchten sie, das wir das hier im Flur besprechen?“
„Nein“ brachte er überrascht hervor, trat zur Seite und wedelte einladend mit der Hand, „natürlich nicht. Bitte kommen sie herein.“
Die Frau betrat aufreizend auf hohen Stöckelschuhen stolzierend die Suite und schenkte ihm einen kecken Blick über die Schulter, bevor sie sich elegant zu ihm umdrehte.
„Sie müssen entschuldigen, dass ich sie so überfalle“ säuselte sie, „aber die ganze Sache ist mir furchtbar peinlich. Mein Freund hat mir gerade erst diesen süßen Wagen geschenkt und er würde sich furchtbar aufregen, wenn er von dem Unfall erfährt.“
Der Mann schenkte ihr nur ein verdattertes Nicken und beobachtete fasziniert, wie sie beim Sprechen zuerst mit beiden Händen den Ausschnitt ihres Mantels aufzog, dann wie eine Katze um ihn herum strich, bis sie schließlich vor ihm stehen blieb und vertraulich eine Hand auf seinen Arm legte.
„Bitte rufen sie nicht die Polizei“ bettelte sie mit weit aufgerissenen Augen und er konnte seinen Blick nur mit Gewalt von ihrem Mantelausschnitt lösen.
„Nein, natürlich nicht. Bestimmt werden wir uns auch so einig“ krächzte er rau und trat dann zur Bar, wo er ein Glas Champagner für sie einschenkte.
Lächelnd nahm sie sein Angebot an und fuhr sich genüsslich mit der Zunge über die Oberlippe, nachdem sie einen tiefen Schluck getrunken hatte.

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Die Verwechslung

schreibt BunoLionHunter

Wunderbar geschrieben! Ich fühle mich bestens unterhalten!

Gedichte auf den Leib geschrieben