Um die Sache noch interessanter zu gestalten, hatte er es abgelehnt, sich via Internet eine bestimmte Frau auszusuchen und lieber am Morgen ein längeres Telefonat mit der Begleitagentur geführt, in dessen Verlauf er eine genaue Beschreibung des von ihm bevorzugten Typs abgeben musste. Nun war er gespannt, was ihn erwarten würde. Vor allen Dingen darauf, welche Geschichte sich die Frau ausdenken würde, um sich ihm elegant zu präsentieren, ohne den Anschein von einem gekauften Vergnügen zu wecken.
Als er sich gerade seines Jackett entledigt hatte und sich an der Bar der Suite einen Drink einschenken wollte, ertönte der Türgong.
Richard runzelte die Stirn. Für das Essen war es noch etwas zu früh und er hoffte nur, dass es sich um keine dringende Firmenangelegenheit handelte.
Leicht verärgert über die Störung riss er den Türflügel auf und stutzte im ersten Moment, als er die zierliche Frauengestallt im Flur erblickte. Hatte er sich am Telefon versprochen oder hatte sie einfach neun mit neunzehn Uhr verwechselt?
Egal, zumindest entsprach ihre äußere Erscheinung genau dem, was er sich bestellt hatte.
Schätzungsweise Mitte dreißig, schlicht gekleidet und ungeschminkt. Klein, schlank, schmale Hüften, kleine Brüste. Dazu eine kecke Nase, langes Haar, große dunkle und von atemberaubend langen Wimpern umrahmte Augen sowie sinnlich geschwungene Lippen. Eine Frau, der er zwar jederzeit einen zweiten Blick zuwerfen würde, die er aber im Traum niemals für eine Prostituierte gehalten hätte.
Angenehm überrascht schenkte er ihr ein freundliches Lächeln und bemühte sich, sie nicht allzu offensichtlich zu mustern, als er sie höflich begrüßte.
„Guten Abend, meine Dame. Was kann ich für sie tun?“
***
Ruth hatte fast fünf Minuten vor der Tür gestanden, bevor sie den Mut gefunden hatte, die Klingel zu betätigen. Ausgerechnet eine von den Penthaus-Suiten!
Nervös zupfte sie an dem Ausschnitt ihres Kleides herum und wischte hastig etwas Staub von ihren Ballerinas.
Oh Gott, wie sollte sie das bloß hinter sich bringen?
Ihre Handflächen waren feucht und sie kaute unsicher auf ihrer Unterlippe herum.
Was sollte sie nur machen, wenn sich der Kerl als Ekelpaket herausstellte und die Polizei rief?
Und wie konnte sie den angerichteten Schaden überhaupt bezahlen?
Als zum zweiten Mal das Zimmermädchen mit ihren Wäschewagen an Ruth vorbeischob und sie neugierig musterte, fasste sie sich ein Herz und drückte auf den Türgong.
Tief holte sie Luft und schrak doch zusammen, als die Tür schwungvoll geöffnet wurde.
Glücklicherweise war der Besitzer des Jaguars eine nicht ganz so furchteinflößende Erscheinung, wie sie es befürchtet hatte.
Gewiss, er sah mit seinem halboffenen, leicht zerknitterten Hemd und den verstrubelten blonden Haaren etwas verwegen aus, aber seine blauen Augen blitzten freundlich und er schenkte ihr ein wohlwollendes Lächeln, als er sie nach ihrem Ansinnen fragte.
Ruth knetete unruhig ihre Hände und trat verlegen von einem Fuß auf den Anderen.
„Guten Abend, Herr Löwenstein.“ Sie räusperte sich unsicher. „Sind sie der Besitzer des schwarzen Jaguars auf dem Stellplatz 712?“
Die Verwechslung
schreibt BunoLionHunter