Jaguar

6 31-48 Minuten 1 Kommentar
Jaguar

Jaguar

Zina Straudt

„Möchten sie lieber einen anderen Aperitif? Martini scheint nicht ihr bevorzugtes Getränk zu sein“ bot ihr Löwenstein zuvorkommend an.
„Nein danke“ beeilte Ruth sich abzulehnen und nahm schnell noch einen großen Schluck um nicht unhöflich zu wirken. Sie musste auf alle Fälle dafür sorgen, ihn nicht zu verärgern und bemühte sich trotz ihrer Angst, entspannt zu wirken.
Allerdings verunsicherte er sie mit seinem verschmitzten Grinsen und dem schelmischen Blitzen seiner Augen so, dass ihre Hände zitterten und sie fast ihr Getränk verschüttet hätte.
Auch Löwenstein bemerkte verwundert ihre Nervosität.
„Sie machen das nicht oft, nicht wahr?“ konnte er sich nicht verkneifen zu fragen.
Ruth schoss das Blut ins Gesicht und sie senkte schnell den Kopf, damit er ihren aufkeimenden Zorn nicht sah.
Glaubte er denn, dass sie so eine miserable Fahrerin war, dass ihr das öfter wiederfuhr?
„Nein“ antwortete sie leise. „Das ist das erste Mal!“
Er fuhr erstaunt zurück und verbarg seine Verblüffung gekonnt, indem er an die Bar ging und zwei weitere Martinis mixte.
Donnerwetter! Er hatte sich eine Dame mit zurückhaltendem Auftreten gewünscht, da er die Zügel gerne selbst in der Hand hielt, aber niemals erwartet, dass ihm die Agentur eine vollkommene Anfängerin schicken würde. Andererseits, und hier stahl sich ein amüsiertes Grinsen auf seine Lippen, war es auch für ihn die erste Erfahrung mit einem Escort-Service und so passte es wohl ganz gut zusammen.
Außerdem fand er Ruth außerordentlich ansprechend und ihre Ängstlichkeit reizte ihn sehr.
Das Eintreffen des Zimmerservice unterbrach glücklicherweise die unangenehme Stille, die nach seiner indiskreten Frage eingetreten war und er atmete erleichtert auf.
Formvollendet wurde das Diner serviert und auch sein Wunsch nach einem zweiten Gedeck für seinen Gast wurde unverzüglich erfüllt, während der Sommelier kunstgerecht den bestellten Wein dekantierte.
Richard geleitete Ruth zu ihrem Platz und schob artig ihren Stuhl zurecht.
Er bemerkte die leichte, verlegene Röte die ihre Haut überzog und er bemühte sich, das Hotelpersonal so schnell wie möglich wieder hinaus zu komplementierte.
Das anzügliche Grinsen des Kellners, bei dem er noch eine Flasche Champagner orderte, war ihm nicht entgangen und er konnte sich vorstellen, wie unwohl sich Ruth dabei fühlen musste.
Mit einigen leise gemurmelten, warnenden Worten an den Oberkellner machte Richard seinem Unmut Luft und er war sich sicher, dass das Abräumen des Geschirrs und das Servieren des Champagners erheblich diskreter verlaufen würden. Vor allem, da er seinen Worten mit einem großen Geldschein Nachdruck verliehen hatte.
Richard bemühte sich um ein aufmunterndes Lächeln als er Ruth Wein einschenkte und sparte nicht mit Scherzen und lustigen kleinen Geschichten über seine eigenen, vergangenen Missgeschicke, während er ihr zeigte, wie man das köstliche Hummerfleisch aus der Schale löste. Glücklicherweise hatte er zwei Hummer bestellt, denn Ruth entspannte sich während des Essens zusehends und langte schließlich herzhaft zu. Er schaffte es, ein angenehmes Tischgespräch in Gang zu bringen und Richard war fasziniert, als er feststellte, dass Ruth sowohl in Politik und Literatur wie auch in Kunstgeschichte und Wirtschaft mit einem reichhaltigen und fundierten Wissen aufwarten konnte.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 7204

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Die Verwechslung

schreibt BunoLionHunter

Wunderbar geschrieben! Ich fühle mich bestens unterhalten!

Gedichte auf den Leib geschrieben