Jaguar

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Jaguar

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Zina Straudt

Im Verlauf des hervorragenden Essens und nicht zuletzt durch die Wirkung des exquisiten Weins, den Richard ihr ständig nachschenkte, fiel die Anspannung langsam von Ruth ab. Löwenstein war ein interessanter Gesprächspartner und sie stellte fest, dass er sie durch seinen Humor, seiner Gewandtheit und seinem Charme stark für sich einnahm. Ihre anfängliche Angst wich einer heiteren Stimmung und erstaunt bemerkte sie, dass er ganz unverblümt mit ihr flirtete und ihr dieses kleine Spiel begann, Spaß zu machen.
Schließlich lehnte sie sich zufrieden seufzend in ihrem Stuhl zurück und hob abwehrend die Hände, als Richard ihr ein weiteres Stück Hummer offerierte.
„Danke, es war wirklich köstlich. Aber wenn ich auch nur noch einen einzigen Bissen nehme, muss ich platzen.“
Richard lachte herzlich.
„Ich freue mich, dass es ihnen geschmeckt hat. Bei ihrer hübschen Figur hatte ich schon befürchtet, sie gehören zu den Damen, die eine Dauerdiät halten. Aber anscheinend scheinen sie ein gutes Essen ebenso zu genießen wie ich es tue.“
Er erhob sich und trat galant zu ihr, um ihr eine silberne Schale, die mit Wasser und Zitronenscheiben gefüllt war, zu reichen. Erstaunt sah Ruth zu ihm auf, bis er die Schale vor ihr abstellte, sanft ihre Hand ergriff und ihre Fingerspitzen hinein tauchte.
Vor Verlegenheit errötend biss Ruth sich auf die Lippen.
Natürlich, eine Fingerschale! Für wie dumm musste er sie nur halten!
Beschämt wollte sie ihm ihre Hand entziehen, aber er hielt sie fest, strich aufreizend leicht mit dem Daumen über ihren Handrücken und bat:
„Wenn sie erlauben? Es wäre mir ein Vergnügen!“
Ruth nickte stumm und ließ ihn gewähren.
Behutsam tauchte er nacheinander ihre Hände zusammen mit den seinen in das Wasser und trocknete sie schließlich zart mit einem weichen Tuch ab. Sein Griff um ihre Rechte verstärkte sich und ehe Ruth es verhindern konnte, hob er ihren Arm und fuhr mit seinen Lippen über die empfindliche Innenseite ihres Handgelenks.
Ein warmes Prickeln lief über ihre Haut und überrascht keuchte sie auf, als er sie sanft auf die Füße zog und Anstalten machte, sie sie in seine Arme zu ziehen.
Nur das Läuten des Zimmerservice rettete sie in diesem Moment.
Weltmännisch trat er einen Schritt zurück, drückte noch einen leichten Kuss auf Ruths Fingerspitzen und führte sie zu der ledernen Sitzgruppe vor dem Kamin, während das Hotelpersonal den Tisch abdeckte und den Champagner öffnete.
Als sich die Tür hinter dem letzten Kellner geschlossen hatte, trat er mit einen gefüllten Glas in jeder Hand zu ihr.

Ruth war völlig durcheinander.
Gebannt starrte sie in die künstlichen Flammen des Kamins und wandte Richard bewusst den Rücken zu, so dass er die Verwirrung, die sich in ihren Zügen spiegelte, nicht sehen konnte.
Gewiss, Löwenstein war ein äußerst attraktiver Mann und er gefiel Ruth sehr. Er war gebildet, hatte hervorragende Manieren und war augenscheinlich auch sehr vermögend, aber das Tempo mit dem er ihre Bekanntschaft vorantrieb, raubte Ruth schlichtweg den Atem.
Vor allem, da sie die Sache mit seinem Jaguar noch immer nicht geklärt hatten.

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Die Verwechslung

schreibt BunoLionHunter

Wunderbar geschrieben! Ich fühle mich bestens unterhalten!

Gedichte auf den Leib geschrieben