Er half hier in den Mantel und sie gingen hinaus in die Dunkelheit. Aufgrund des offenbar geringen Altersunterschiedes bot sie ihm bald das ‚Du‘ an. „Jennifer, sag Jenni zu mir“ – „Bernd“. Als sie den halben Weg geschafft hatte, offenbarte sie sich ihm. Es mache ihr gar nicht so sehr die dunkle Altstadt Sorgen, sondern ihr jähzorniger Mann. Sie hatte Angst, nach Hause zu kommen und glaubte, es wäre besser, wenn sie jemand ablieferte. Dann berichtete sie von häuslichen Gewalttätigkeiten. Entsetzt blickte Bernd sie an. Sie waren stehengeblieben. Sie krempelte die Ärmel hoch, zeigte Blutergüsse auf beiden Unterarmen, war kurz vor dem Tränenausbruch. Bernd war entsetzt. Nicht nur, dass er Jenni attraktiv fand, jetzt war auch noch sein Beschützerinstinkt geweckt. „Na klar, bringe ich dich, bis an die Tür und wenn mal wieder was ist, hier hast du meine Nummer.“ Er nahm eine Visitenkarte des Vereins aus dem Portemonnaie und schrieb seine Telefonnummer hinten drauf.
Als sie da waren, sie wohnte in einer Doppelhaushälfte aus den 1970er Jahren, und die Tür aufschloss, hörte Bernd einen Fernseher laufen. Sie rief „Klaus, kommst du mal“. Er kam sofort. Jenni bedankte sich und huschte ohne ein Wort an ihrem Mann vorbei. Der schaute Bernd an „Ja, was gibt’s?“ Bernd wusste, dass er nicht viele Möglichkeiten hatte, aber er wollte sein Bestes geben. „Lassen Sie ihre Frau in Ruhe, mein Verein und ich behalten Sie im Auge!“
Der Mann war die Ruhe selbst. „Was hat sie denn nun wieder erzählt? Was immer es wahr – es geht sie nichts an.“ Dann machte er vor Bernds Nase die Tür zu. Bernd erschauerte. Typisch, dachte er, pathologischer Lügner, gut im Leugnen. Ausgezeichnete Impulskontrolle, denn er hatte keinen Wutausbruch, nichts.
In den nächsten Tagen ging ihm Jenni nicht aus dem Sinn. Ob es ihr gut ging? Nach vier, oder fünf Tagen rief sie an. „Hallo? Bernd? Hier ist Jenni. Können wir reden? In einer Stunde im Marktstübchen?“
„Ok, geht, ich komme hin.“ Bernd schaute aufs Display. Rufnummer unterdrückt. Er konnte die Nummer nicht speichern. Bei den Erlebnissen und Problemen schien ihm das nur konsequent.
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.