Jenni

„Jenni“ und drei weitere zartbittere Geschichten

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Svenja Ansbach

Die WhatsApp in der Gruppe des Vereins kam gegen 23.00 Uhr. „Wer kann eine Dame aus dem Marktstübchen nach Hause begleiten? Sie ist noch im Lokal.“

Er schrieb zurück: „Ist okay. Kann ich übernehmen. Bin schon unterwegs.“ Dann zog er sich eine Jacke über und verließ das Haus. Ihr Verein „Nachbarschaftshilfe e. V.“ engagierte sich vielfältig sozial, je nach den Fähigkeiten und Kenntnissen der Mitglieder und ihrer zeitlichen Verfügbarkeit. U. a. boten sie auch an, Menschen nach Hause zu begleiten, wenn diese Angst hatten, den Heimweg allein anzutreten. Von diesem Angebot machten verständlicherweise fast nur Frauen Gebrauch. Ja, er hatte den Drang, sich gesellschaftlich zu engagieren. Spötter würden das als Helfersyndrom bezeichnen, was er ziemlich daneben fand. Aber bei diesem Begleitdienst als Teil der Vereinsarbeit war er nicht ganz uneigennützig dabei, hoffte er doch noch die Frau für sein Leben zu finden – denn er war allein.

Das Marktstübchen lag inmitten der verwinkelten Altstadt und war für Taxis aufgrund der Zufahrtsbeschränkungen nicht erreichbar. Auch hatte es in den letzten paar Monaten ein paar Überfälle gegeben, sodass er Verständnis für die Sorge der Frau hatte. Er selbst wohnte in der Altstadt und hatte es nicht weit.

Als er das Marktstübchen betrat und sich suchend umsah, entdeckte er nur einen Tisch, an dem eine Frau allein saß. Er trat an den Tisch: „Hallo, ich bin vom Verein Nachbarschaftshilfe, hatten Sie angerufen?“ Die Frau, vielleicht zwei, drei Jahre älter als er, sah auf, wirkte abwesend und ein bisschen verloren. „Ja, ich würde mich über Begleitung freuen. Meine Freundinnen sind schon los. Die haben eine ganz andere Richtung. Ist eigentlich nicht weit, aber es ist in den Gassen so dunkel und unübersichtlich …“. Sie nannte ihre Adresse. Diese lag gleich über dem Ring in der sogenannten Neustadt. Er musste also nicht mit ihr zu seinem Auto und dann irgendwo hinfahren. Ging alles zu Fuß. – „Kein Thema, ich kenne das Problem. Kommen Sie, ich bringe Sie.“

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