Für die Übernachtungen suchte ich mir immer ganz normale Privatwohnungen. Aus einem Schlüsseldienst hatte ich mir ein Spezialwerkzeug zum Türenöffnen besorgt und mir das „lockpicking“ angeeignet. Natürlich hätte ich die meisten Türen mit einem Tritt aufbekommen, aber genau das wollte ich nicht. Wichtig war mir, die Eingangstür beim Wohnungszutritt nicht zu zerstören, denn die Wohnung sollte sicher sein. Ich wollte nachts ja vor Überraschungen gefeit sein. Wenn jemand einzubrechen versuchte, würde er Lärm machen und ich hätte genug Zeit ihn mit der Waffe in der Hand zu empfangen. Die Wahrscheinlichkeit nachts in einer Wohnung überrascht zu werden war aber auch nicht sehr groß, denn im Allgemeinen waren nachts keine Menschen unterwegs. Aus Sicherheitsgründen hielten sich alle an eine selbstauferlegte Ausgangssperre. Stets suchte ich mir neue Wohnungen. Vielleicht war das meiner voyeuristischen Neugier geschuldet „das Leben der Anderen“ zu betrachten. Natürlich suchte ich in den Wohnungen auch gleich nach Brauchbarem, aber mein erster Blick galt immer den Schubladen und Wäschefächern in den Schlafzimmern. Ich wollte einfach zu gerne wissen ob Wohnungsbesitzerinnen irgendwo kleine „Glücklichmacher“ versteckt oder Pärchen Fickbilder geknipst hatten. Mein spezielles Vergnügen zum Feierabend. Das eine oder andere Polaroid fand sich immer. Auch an Wäschekörben konnte ich grundsätzlich nicht vorbeigehen ohne diese zu untersuchen.
Jenny
Nach dem ich schon etwas mehr als vier Wochen allein in dieser ehemals 2,5 Millionen Einwohner-Stadt unterwegs war und mehr als 10 Depots angelegt hatte, alle akribisch vermerkt in einem kleinen Notizbuch, ereignete sich etwas, was mir bisher noch nicht passiert war.
Ich öffnete in einem größeren Wohnblock eine Wohnungstür in der dritten Etage. An der Tür hatte ein Kranz gehangen. Das sah gemütlich und nach einer Frauenwohnung aus.
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