Ehe Arminius etwas erwidern konnte, ertönte ein kurzes Trompetensignal. Sofort erstarben die Gespräche. Selbst der stutzerhafte Poet beendete die Rezitation seiner frivolen Verse. Alle Blicke wandten sich einer doppelflügeligen Tür zu, die von zwei hispanischen Türstehern geöffnet wurde. In Begleitung junger Tänzer und Tänzerinnen trat Julia in den Speisesaal. Ein bewunderndes Raunen und Flüstern ging durch die erlauchte Menge. Die Tochter Kaiser Octavians schritt mit zierlichen Sandalen aus vergoldeten Lederriemchen über einen Teppich aus Blütenblättern, die als halbnackte Nymphen verkleidete Mädchen vor ihren Füßen ausstreuten. Ihr langes, schwarzes Haar war zu einer kunstvollen, mit bunten Vogelfedern geschmückten Hochfrisur drapiert. Ihre Züge wirkten unter der dick aufgetragenen Schminke merkwürdig starr. Das meiste Aufsehen erregte jedoch ihr glänzendes Gewand, das ihre femininen Formen fließend umschmeichelte und in fast anstößiger Weise zur Geltung brachte. Vom Hörensagen wusste Arminius, dass dieser hauchzarte Stoff angeblich irgendwo am östlichsten Ende der Welt aus den Fäden einer Schmetterlingsraupe gesponnen wird und selbst für viele reiche Römer schwerer zu bekommen war als Bernstein aus dem hohen Norden oder nubisches Gold. Als engste Angehörige des Julischen Hochadels konnte sich die Imperatorentochter diesen immensen Luxus leisten.
Da und dorthin grüßend schritt Julia zur Mitte des Saales, wo zahlreiche gepolsterte Liegen mit als Löwentatzen gestalteten Füßen um flache, dreibeinige Esstische gruppiert waren. Sie legte sich auf einer, auf einem niedrigen Postament platzierten Liege nieder, die mit einer kunstvoll bestickten Purpurdecke aus flauschiger Wolle und am Fußteil mit einem kostbaren persischen Teppich bedeckt war. Wie zufällig entblößte sie ein wohlgewachsenes Bein fast bis zum Schritt. Dienerinnen schoben ihr zu ihrer Bequemlichkeit Kissen und Polster unter die haarlosen Achselhöhlen.
Julia
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