Überrascht wandte sich Arminius dem Rufer zu, der etwas abseits in einer Wandnische auf einer hölzernen Bank lag und die Dienste eines ägyptischen Haarausreißers in Anspruch nahm. Der Mann hatte das gleiche Alter wie Arminius, war von drahtiger Gestalt und trug eine markante Adlernase im Gesicht. Seine wettergegerbte Haut zeugte von längerem Aufenthalt an der frischen Luft.
„Velleius Paterculus!“, rief der Cherusker erfreut. „Wenn ihr Römer nicht ständig von den Barbaren Länder erobern würdet, könntet ihr mehr unter euch sein.“
„Wer den lateinischen Konjunktiv so fehlerfrei beherrscht, ist kein Barbar!“ gab Velleius ironisch zurück.
„Mein Lehrer war ein Grieche, also ebenfalls ein Barbar. Aber iIm Ernst, ich dachte, du bist auf einem Feldzug im Osten?“
„War ich auch. Bis vor Kurzem. Acht Monate in der zweitödesten Gegend, die man sich vorstellen kann.
„Und welches wäre deiner Meinung nach die ödeste Gegend?“
„Ein Land namens Germanien. Schon mal davon gehört?“
Arminius ließ sich grinsend neben Velleius nieder. Er deutete auf seinen Bruder, der unentschlossen, mit um die Hüften geschlungenem Handtuch vor ihnen stand.
„Du kennst doch meinen Bruder Flavus? Er begleitet mich bei meiner heutigen Spelunkentour.“
„Flavus, „der rotblonde“! Na, sehr phantasievoll waren die bei der Adoptionsbehörde nicht gerade… Au, verflucht! Nicht so doll, du Tölpel!“
Velleius warf dem Ägypter einen ungnädigen Blick zu. Der Haarausreißer hob die Pinzette auf, die er vor Schreck fallengelassen hatte, verneigte sich eilig und zog sich devot zurück. Der Römer erhob sich und schlang sein Handtuch um die Hüften.
„Mir reicht´s!“, schnaubte er. „Hab genug für heute. Diese Ägypter! Sollten lieber wieder ihre Toten mumifizieren, als die Lebenden zu peinigen!“
„Na komm, beruhige dich.“, beschwichtigte Arminius den Freund. „Es ist ja noch alles dran an dir. Das wichtigste jedenfalls. Na, wie wär‘s? Schließt du dich uns an?
Julia
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Julia
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