Die Kommode überlebte die außergewöhnliche Nutzung unversehrt, bis auf einen kleinen Fleck aus Emets Saft und Marus Samen, der in das ausgetrocknete Holz einzog und manchen späteren Nutzer vielleicht rätseln ließ.
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Es waren viele Gründe, die Emet immer wieder hinaustrieben. Am stärksten waren wohl ihr Freiheitsdrang, diese Abenteuerlust, der Wind in Gesicht und Haaren, der Blick auf neue, unbekannte Landschaften, die Begegnung mit fremden Menschen, das Gefühl, mit jeder Faser ihres Körpers, mit jedem Atemzug das Leben zu spüren. Emet drückte sich aber auch vor der Verantwortung. Sie hatte eine flinke Zunge, konnte Menschen, ob lange Zeit bekannt oder soeben kennengelernt, mit ihrem Charme begeistern und beeindruckte durch hohe Begabung in der Analyse komplexer Probleme, deren Lösung nicht nur ihrem scharfen Verstand, sondern auch einem verlässlichen Instinkt entsprangen. Genau mit diesen Eigenschaften war sie auf dem Turnierplatz wie auf dem Schlachtfeld eine geachtete und gefürchtete Gegnerin. Welches Ungemach drohte einer solch starken und klugen Frau bei ihrem eigenen Volk, das fast in paradiesischen Zuständen lebte? Immer wieder schon war sie trotz ihres jugendlichen Alters aufgefordert worden, sich in den Rat der Stadt wählen zu lassen, von den Jungen sowieso, doch auch der Rat selbst wünschte sich Vertreter aller Altersschichten, um gute Entscheidungen treffen zu können. Nichts fürchtete Emet mehr, als im Rathaus über Akten, Plänen und Steuerlisten zu versauern. Sollten jene das machen, denen für Jagd, Abenteuer und Feldarbeit der Rücken schon zu sehr schmerzte! Sie wollte ihr wildes Leben genießen, so lange es irgendwie ging. Selbst wenn sie mit ihrem Gefährten Hartil zusammen endlich eine Familie gründen könnte, wollte sie noch ungestüm über die Steppe jagen und sich durch den Urwald kämpfen, frei und ungebunden. Hartil war viel besonnener als sie, ihm läge so eine Aufgabe wesentlich mehr als ihr. Doch auch er stahl sich davon mit seinen Händlerkarawanen. Er liebte es, in jeder Richtung des Windes viele Bekannte und Freunde zu haben und gute Geschäfte zu machen zum Nutzen aller als ehrlicher Kaufmann, dessen Wort mehr galt als geschriebene Verträge. Und war sein Tross in Gefahr, so war er trotz seines gutmütigen Wesens als Krieger ein ernst zu nehmender Gegner. Doch seine Routen führten meist durch sichere Gegenden. Mit ihm eine Karawane zu begleiten, war Emet einfach zu langweilig. Lieber zog sie alleine los. So oft und lange sie auch getrennt waren, ihm gehörte ihr Herz und es spielte keine Rolle, wann sie sich wiedersahen. Es war immer, als wären sie nie getrennt gewesen.
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