Möbel auf die Schnelle erworben, online. Ikea. Yisk. Prompt geliefert. So ganz allmählich bekommt meine neue kleine Dreiraumwohnung so etwas wie einen wohnlichen Touch. Wäre es Sommer, benötigte es weniger. Jetzt aber, im Winter... nun ja. Eine Früchteschale auf dem Wohnzimmertisch, ein Tannenzweig in der Küche. Allzu nüchtern das Ganze, ansonsten. Irgendwann werde ich die Trennung überwunden haben. Die Trennung von Myriam, nach 19 Jahren. Noch jetzt reibe ich mir die Augen, einfach so rausgeschmissen worden zu sein. Ich bin keiner, der häusliche Gewalt ausübt. Keiner, der eine Frau eng an eine finanzielle Leine bindet. Keiner, der fremdvögelt. Möglicherweise bin ich ganz einfach ein Langweiler. Und heute, als älterer, 55jähriger weisser Mann, einer Frau weiszumachen, „hey, ich habe hier auch noch ein Wohnrecht, zumindest das Recht auf ein Bett, und stünde es im Keller“, gilt schon fast gar als übergriffig. Frauen haben alle Rechte und Möglichkeiten, denn wir steuern auf das absolute Matriarchat zu. Was mir im Grunde ganz gut gefallen würde – denn ich liebe Frauen. Ich liebe sie wirklich von ganzem Herzen. Ich liebe sie so sehr. Aber jetzt... diese apere Dreiraumwohnung mit Balkon und Zugang zu einem grossen Garten, aber nicht im Winter. Was soll ich im Winter in einem Garten – womöglich beobachtet von Nachbar*innen? Spasseshalber habe ich mir mal überlegt, wie es wäre, etwas komplett Unkonventionelles zu tun, damit ich, der neue Bewohner, zu einer gewissen Achtung komme. Duschen – übers Balkongeländer hüpfen, nackt im Schnee mich wälzen, nur für dreissig Sekunden, dann zurück in die warme Wohnung, mich abschrubben und mich totlachen.
Zum Glück habe ich es nicht getan. Das mit Karin wäre sonst wohl anders gekommen.
Ich bin die Karin und wohne im 3. Stock. Seit einem Jahr lebe ich allein hier und wünsche mir nichts sehnlicher, als wieder etwas Boden unter die Füsse zu bekommen.
Karin badet
schreibt Huldreich