Kein Schritt vom rechten Wege

Rotkerbchens Abenteuer - Teil 15

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Kein Schritt vom rechten Wege

Kein Schritt vom rechten Wege

Peter Hu

„Ich habe dich durchschaut, böser Finsterbart. Aber lass dir das eine Lehre sein. Und wenn dieser Anblick nicht genügt, deine Lanze aufzurichten, dann hilft dir auch kein Wunderelixier mehr“, ...spottete sie vergnügt, ließ ihr scharfes Fleisch verführerisch zucken ...und streckte ihm eine lüstern schleckende Zunge heraus. Denn auf dem festen Pfad versagte all seine finstere Zaubermacht.

Wütend löste sich der Zauberer unter zahlreichen bösen Drohungen in beißenden Rauch auf.

*

Frohen Mutes zog Rotkerbchen darauf weiter ihres Weges. Denn hübsche Prinzen fand man nicht einfach so am Wegesrand.

,Wie schön es jetzt wäre, den kleinen Geilling bei sich zu haben‘, ...dachte sie des Abends, als sie einsam am Feuer saß, während sie das Schlafzeug ausrollte. Der kannte immer so schöne Gutenacht-Geschichten.

Ja, der kleine Freund fehlte ihr schon sehr. Besonders dann, wenn sie von schönen Prinzen träumte. Ach wenn sie nur nicht ständig so feucht und kribbelig wäre…

‚Wie mochte es ihm wohl inzwischen ergangen sein? Hatte er den Absprung wirklich überlebt?‘

,Aber so ein praller Geilling ist ja ziemlich robust‘, ...beruhigte sie sich selbst, während sie schon damit begann, sich eigenhändig, mit geschickten Fingern eine Gutenachtgeschichte zu erzählen. Ihr Mittelfinger war bereits feucht, als sie zum Gedenken ein paar Tröpfchen auf den Waldboden spritzte. Natürlich nur zur Sicherheit, falls der Gnom mit gebrochener Eichel, hungrig und unbestattet, irgendwo einsam im Totenreich umherirrte.

Rotkerbchen liebte diese heidnischen Opferrituale. Denn sie wusste: Großmutter würde der Schlag treffen, hätte sie nicht bereits der böse Wolf gefressen.

Wieder fand der „Böse Finger“ den heißen, schwülen Eingang zur Unterwelt. Bald hechelte sich das kleine, kitzlige Luder vor Vergnügen in den Schlaf. Mit einem gewöhnlichen Prinzen gab sie sich jetzt gar nicht mehr zufrieden.

Ein neues Märchen formte sich in ihrem Kopf, ...und nahm im Traum schon lebensechte Gestalt an.

Hätte Rotkerbchen je das Lesen und Schreiben erlernt, sie hätte es am nächsten Morgen sofort aufgeschrieben. Denn da zitterten ihr noch vor Wonne die Knie.

Und damit es nicht ganz verloren geht, soll es hier dennoch rekonstruiert werden.

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