Das Klassentreffen

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Das Klassentreffen

Das Klassentreffen

Kastor Aldebaran

„Es war wundervoll!“, kam mir mit rauer Stimme über die Lippen und Sabine setzte ein breiteres Lächeln auf.

„Das freut mich. Was hältst du davon, wenn wir es an einem anderen Ort vertiefen? Zu dir oder zu mir?“

Eine Frage, die mir eine Frau das erste Mal in meinem Leben stellte. Wie lange hatte ich darauf gewartet und jetzt war es soweit. Vor mir saß die unerreichte Liebe meiner Jugend und hatte genau diesen Satz gesagt. Ein Traum wurde wahr.

Als die Kellnerin kam, bezahlte ich wie nebenbei, gab ein großzügiges Trinkgeld. Danach standen wir auf und ich half Sabine in ihren Mantel. Zusammen verließen wir das Lokal, stiegen in ein Taxi ein, das mit einigen anderen in der Nähe der Kneipe auf Kundschaft wartete. Beide saßen wir hinten, Hände fanden sich, hielten einander fest. Kein Wort wurde gesagt. Beide hingen wir unseren Gedanken nach, waren wie in einem Kokon gefangen. Was um uns herum geschah, war nebensächlich.

Als wir bei mir ankamen, gingen wir in mein Haus, und als die Tür hinter mir zuschlug, war es wie ein besonderes Signal. Sabine drehte sich zu mir um und wir fanden einander, umschlagen uns. Lippen trafen aufeinander, vereinten sich zu einem zweiten, sanften Kuss, der fordernder wurde. Zungen drängten sich zwischen Zähne, vereinten und umschlagen sich, tasteten einander ab. Wir konnten nicht voneinander lassen, schafften es nicht unsere Mäntel auszuziehen, standen uns gegenüber ohne uns zu regen. Alleine die Nähe des anderen reichte uns für diesen Moment. Wahrscheinlich ging in ihr dasselbe vor sich wie bei mir. Wenn ich die Augen schloss, sah ich Sabine wie damals, als junges Mädchen, meine Traumfrau, die sie geblieben war. Ich stellte sie mir hinter ihrem Schultisch vor, konnte sie sogar riechen. Wie viele wusch sie damals ihre Haare mit Apfelschampon, ein Duft, der für mich über die Jahre präsent geblieben war. Jedes zweite Mädel hatte danach gerochen, Sabine intensiv. Wenn ich hinter ihr ging, meinte ich es riechen zu können.

Diese Erinnerung war es, die mich von ihr lösen ließ, und meine Nase in ihre Haare versenkte. Der Duft von Apfel war hier nicht mehr, ein anderer reizte meine Riechnerven. Süß wie Sabine selber, ein leckerer Happen. Sabine hielt still, ließ mich ihr Aroma einatmen.

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