Die Bar lag in einer höchst unattraktiven Gegend, zwischen einer Schnellstraße und einer Eisenbahnlinie, umgeben von Gewerbebetrieben, Lagerhallen, einzelnen Wohnhäusern und in der Nähe eines Schrottplatzes. Dass es eine Bar war, vielleicht sogar ein Etablissement mit weitergehenden Dienstleistungen, wie er vermutete, war von außen nicht zu erkennen, keine rote Lampe, kein eindeutiges, zweideutiges Neonlicht, kein Schild. Es war ein gewöhnliches Wohnhaus. Möglicherweise sollten nur Stammkunden und Eingeweihte das Lokal finden. Als sie vor der Tür standen schlug sich Janine an die Stirn. „Jetzt fällt es mir wieder ein. Das Dernier cri ist doch am Sonntag geschlossen. Wie konnte ich das nur vergessen? Aber ich komme so selten hier her und am Sonntag schon gar nicht. Aber, chèri, das macht nichts, ich kenne den Wirt gut, der ist nett und lässt uns bestimmt rein.“ Sie drückte auf den Klingelknopf und murmelte ein paar Worte in die Sprechanlage.
Kurz darauf öffnete der Besitzer die Tür. Er war ein ähnlicher Typ wie Guy, der Begleiter seiner Schönen vom Nachmittag. Kompakt und zugleich drahtig, aber mit einem wesentlich dickeren Bauch, einer blank polierten Glatze und einem dünnen, affigen Backenbart. In den Ohrläppchen glitzerten kleine Brillianten und an den Fingern steckten protzige Ringe. Nur die Kleidung wollte zu diesem Mann nicht passen, zu diesem – ihm fiel auch jetzt nichts anderes ein – zu diesem Zuhälter. Er trug ein ausgebleichtes, schlabberiges Sweatshirt, verwaschene Jeans und, er musste zweimal hinsehen, Pantoffeln mit gelb-schwarz kariertem Opamuster. Janine stellte ihn als Marcel vor. Nein, sagte Marcel, es würde ihm nichts ausmachen, die Bar für die beiden zu öffnen. Geschäft sei Geschäft und lieber nur ein paar Drinks verkaufen als keine. Ihm sei es egal, ob er sich in seinem Wohnzimmer oder hinter der Theke langweilte.
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schreibt Huldreich