„Ich bin gekommen, um mir das zu holen, was du mir noch schuldest.“ „Was schulde ich Ihnen? Wer sind Sie? Gehen Sie oder ich ruf die Polizei.“ „Wie willst du die Polizei rufen, ohne Telefon?“ Er steht auf, nimmt das Handy, das auf einem kleinen Abstelltisch liegt, wirft es auf den Boden und tritt voller Wucht mit seinen unförmigen, klobigen Stiefeln darauf. Sie schreit wütend auf. „Was machen Sie da? Das werden Sie bereuen. Ich bin nicht allein. Kommen Sie mir nicht näher. Gleich kommt mein Freund und dann geht es Ihnen an den Kragen. Gehen Sie jetzt, schnell, dann passiert nichts.“ Der Mann lacht. „Du drohst mir? Weißt du wo dein Ricky ist und was er gerade macht? Er ist in G. und fickt seine Ex. Da ist er jeden Montag Abend und er kommt nicht vor Mitternacht zurück. Du weißt vielleicht nicht alles, aber dass er in den nächsten Stunden nicht da sein wird, das weißt du ganz genau.“ Sie fängt an zu schluchzen und verlegt sich aufs Betteln. „Ja, ich erkenne dich wieder. Es tut mir leid, was damals passiert ist. Ich konnte nichts dafür, glaub mir, Guy hat mich gezwungen. Er hatte mich in der Hand, hat mich erpresst und ausgebeutet und mich zu solchem Scheiß gezwungen. Ich wollte es nicht, glaub mir. Ich fand dich nett. Sonst hätte ich mich doch gar nicht auf dich eingelassen. Bestimmt.“ Er grinst sie an. Man merkt, dass er ihr kein Wort glaubt.
„Mach jetzt erst mal das Licht aus und schließ die Tür“, befiehlt er und sie gehorcht. Sie sitzen im Dunkeln, nur das kalte, weiße Licht der Straßenlampe erhellt schwach den Raum. Die Angst der jungen Frau ist auch im Dunkeln spürbar. Sie fragt sich, ob das wirklich derselbe Mann von damals ist, der vor ihr sitzt. Derselbe, nette, harmlose, blauäugige Mann, der nach ein paar Drinks, bei etwas schummerigem Rotlicht, nach ein wenig harmlosem Gefummel und wegen der vagen Aussicht, auf einen Fick, alle Vorsicht außer Acht gelassen hatte. Dann erinnert sie sich an seine Geschichte aus Jugoslawien. Ja, er ist derselbe, und jetzt sitzt der Soldat vor ihr. Der Soldat, der Menschen getötet hat und selbst verstümmelt wurde, der Scharfschütze und Bombenexperte. Der brutale Typ, dem sie einen Finger abgeschnitten hatten.
Es ist in der Tat der Soldat, der zurückgekommen ist. Der seine Rache hier und jetzt vollenden will. Der dieser attraktiven, jungen Frau, auf die er reingefallen war, der er vertraut hatte und die ihn schmählich verraten hatte, eine Lehre erteilen will. Ihr, wegen der er in diese Scheiße geraten ist und diese Demütigungen erdulden musste, diesen Gesichtsverlust vor sich selbst. Er will ihr eine Lehre erteilen, die sie nie mehr vergessen würde. „Ich will doch nur das haben, was du mir geben wolltest, bevor das kleine Missgeschick passierte. Du erinnerst dich doch? Ich will sehen, wie du aussiehst, wenn du nackt auf dem Bett liegst. Ich will deinen Körper spüren. Ich hatte erst angefangen, ihn kennen zu lernen und dann war alles so schnell zu Ende.“ „Was willst du?“ Neben der Angst keimt Hoffnung in ihr auf. „Wenn er nicht mehr will“, denkt sie, „geht diese Scheiße vielleicht noch glimpflich ab.“ „Du willst mich haben? Gut, komm mit, wir gehen hoch. Wenn du mir versprichst, mich dann in Ruhe zu lassen, kannst du mit mir schlafen. Ich werde niemanden etwas sagen. Ehrenwort.“
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schreibt Huldreich