Komplett nackt im fremden Zimmer

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Komplett nackt im fremden Zimmer

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Anita Isiris

Dachte ich mir. Bis mich dieser Mann ansprach. „Hey young lady“, so seine ersten Worte. Englisch ist immer Nummer sicher. Englisch können alle. Zuerst dachte ich mir, er wolle sich nach dem Weg erkundigen oder mich anbetteln, was immer öfter geschieht. Dann sah ich die kleine GoPro Kamera in seiner Linken. Mit Kameras kenne ich mich aus, weil wir an unserer Schule zu allen denkbaren Themen immer mal wieder Videos produzieren.

Die Kamera war auf mich gerichtet. „Hey“, entgegnete ich. „You are so pretty, you know... I like your wet hair“. Mein nasses Haar also. Der Typ wirkte nicht bedrohlich, und dennoch... ich war auf der Hut. „I am on my way home“, sagte ich reflexartig. „Me too“, antwortete er. #metoo. Hihi. „May I... film your face?“, fragte er mich unumwunden. Ich konnte dazu gar nichts mehr sagen – er hielt auf mein Gesicht drauf, wie ein Sensationsreporter. „Come on, I will invite you“, waren seine folgenden Worte. „KFC around the corner, look“. KFC. Das Billigste, was es gibt, zudem hatte ich gegenüber all diesen Küken ökologische und auch tierrechtliche Bedenken. Aber ich liess mich überreden. Ich konnte ja einfach French Fries bestellen, was ich auch tat. Die Wärme tat gut; ich muss allerdings furchtbar ausgesehen haben mit meinem nassen ausgefransten dunklen Haar. Ich legte ab, und mir entging nicht, wie sich die Augen des Mannes, Andri hiess er, weiteten. Männeraugen weiten sich immer, wenn sie meinen Oberkörper wahrnehmen. Sie haben mit 12 angefangen zu wachsen, und ich glaube, sie wachsen noch immer. Meine Brüste. Eigentlich sind es doch einfach Brüste.
Wie auch Julia Roberts sagt: Milliarden Menschen haben sie, diese Brüste, die Hälfte der Menschheit. Aber das Theater um diese Drüsen ist unbeschreiblich und unverhältnismässig.

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Gedichte auf den Leib geschrieben