Er hielt nun auch mit dem Vorschlag der Direktorin nicht länger hinterm Berg. Als das empörte Fräulein diesen vernahm, verlor sie vollends die Contenance. Flora schimpfte wie ein Rohrspatz, benahm sich wie der schlimmste Gassenbengel. So kam es, dass Rudolf von Borken zum letzten Mittel griff. Da Flora partout nicht hören wollte, blieb dem Grafen keine andere Wahl, als dem Wunsch ihrer Direktorin nachzukommen. So spürte sie erneut Papas Hand auf dem gut gepolsterten Popo. Es war bereits das dritte Mal in diesem Monat, wie der Graf resümierte. Flora besuchte ein Mädchengymnasium, eines der wenigen Institute dieser Art. Ende des 19. Jahrhunderts gab es für Mädchen nicht viele Möglichkeiten, um die Hochschulreife zu erlangen. Flora fiel das Lernen leicht, was nun zu Problemen führte. Sie langweilte sich schnell, da sie meist vor ihren Mitschülerinnen mit der gestellten Aufgabe fertig war.
Flora störte dann derart den Unterricht, dass ihre Lehrer sich kaum noch zu helfen wussten. Dazu kam der Umstand, dass es sich bei Flora um eine Komtesse handelte. Nicht einer ihrer Lehrer traute sich, ihr Paroli zu bieten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
So blieb alles am Grafen hängen, der seiner wilden Hummel kaum Herr wurde. Ein leiser Verdacht keimte in ihm auf. Benahm sich Flora absichtlich so? Der Graf geriet über diese Frage ins Grübeln.
Wünschte sich die Komtesse diese rüde Behandlung? Rudolf von Borken fand den Gedanken nicht gänzlich abwegig. Komtesse Flora stand immer schon am liebsten im Mittelpunkt. Wenn sie gestraft wurde, gehörte ihr die ganze Aufmerksamkeit des Grafen. Dass er ihr dabei die hübsche Kehrseite aufdeckte, schien ihr ein verkraftbarer Kollateralschaden zu sein. Der Graf überlegte, was nun am besten war. Er verspürte keine große Lust, sich ständig mit seiner fast volljährigen Tochter herum ärgern zu müssen. Es war ihm auch unangenehm, sie weiterhin auf diese Weise zu strafen.
Komtesschens Kalamitäten
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Komtesschens Kalamitäten
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