“, ich versuchte in der nun hereinbrechenden Finsternis diese wundersame Begegnung deutlicher zu sehen, doch sie zog sich wieder in die Nische zurück und so konnte ich nur ein wunderbar geformtes Bein erspähen, das irgendwo im roten Schleiergewebe verschwand. Dann beugte sie sich plötzlich wieder nach vor, blickte in meine Augen und ich wurde ein wenig schwindelig und versuchte mich am Fels anzuklammern.
„Ich bin Vesuvia, die Brennende!“, ihr Lachen klang tief und heiser. Dann trat sie doch ganz aus der Nische hervor und begann vor mir zu tanzen. Sie sah wie eine lebendig gewordene Lohe aus, ihre schwarzen Haare flogen um sie herum und ihre langen Armen griffen mit gierigen Fingern nach mir. Ich konnte nur starr verharren. Sie tanzte nun um mich herum, einmal war sie hinter mir, einmal vor mir, ihr biegsamer Leib war dauernd in Bewegung, verbog sich, umschlang mich und rankte sich an mir empor. Ich griff nach ihr und obwohl ich das Gefühl hatte, in glühende Kohle zu greifen, verbrannte ich mich nicht.
„Oh, sie kommt!“ flüsterte sie mir ins Ohr und deutete auf die Kaktusblüte. Diese begann sich nun langsam zu öffnen. Die Knospe hatte sich aufgelockert, einzelne längliche Blätter lösten sich langsam vom Kern und breiteten sich nach allen Seiten aus. In der Mitte zitterten Staubgefäße mit kleinen roten Fäden rund herum. Es dauerte einige Minuten, bis sich die Blüte zu einer vollendeten Blume entwickelt hatte. Trotz der vorherrschenden Dunkelheit leuchtete das Gelb der Blüte wie gesponnenes Gold. „Sie wird sich ganz öffnen und dann sterben! Sie wird nur diese eine Nacht blühen, als Königin der Nacht!“
Als sich die Blüte dann vollends geöffnet hatte, merkte ich erst, dass ich zwischen den Felsen am Boden lag, über mir schaukelte und wand sich dieses brennende Wesen.
Königin der Nacht
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