Konkurrenz

Hochhausromantik - Teil 2

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Yupag Chinasky

Sie hätten keine Laufkundschaft, sie kannte den Ausdruck, zu ihnen kämen entweder Stammkunden oder solche auf Empfehlung, auch dieses Wort war ihr geläufig. Nein, Kontaktanzeigen würden sie keine aufgeben, das sei nicht nötig, die Empfehlungen der Stammkunden und eine Website, das würde völlig ausreichen, sie hätten genug zu tun. Ja, sie würden jeden Tag arbeiten, vor allem abends, aber auch in der Mittagspause sei der Andrang groß. „We are every evening on the job, you know“, auch am Wochenende, aber da kämen tagsüber nur wenige, viele dagegen am Samstagabend. Sie stöhnte wegen seiner Neugier, als er wissen wollte, wie lange die Kunden blieben und was sie geboten bekämen. Selten länger als eine Stunde, die Mittagskunden oft nur zehn oder zwanzig Minuten und was sie bekämen? Alles, was sie wollten, nur keine Mundküsse. Samstags sei es tagsüber flau, die üblichen Kunden seien im Baumarkt oder mit der Familie unterwegs und erst am Abend ginge das Geschäft wieder los. Deshalb könne sie ihn am Samstag treffen, auch am Sonntag, wenn er wolle. Er winkte ab, sonntags nie. Warum sie gerade ihn wolle, er sei doch weder schön noch attraktiv? Sie lachte, er sei aber so herrlich langweilig und dazu noch nett und nicht anspruchsvoll, was ihre Dienstleistung beträfe und zudem zuverlässig. Er sei einfach normal, „you are damn normal, you know“. Gerade deswegen würde er ihr ein Gefühl von Familienleben vermitteln, ein Gefühl, das sie sehr vermisse. Was wolle man mehr von einem Mann, außer Geld und Treue, lachte sie? Aber so versicherte sie ihm umgehend, er sei für sie mehr, viel mehr als nur ein beliebiger Kunde. Sie würde nicht nur wegen des Geldes jeden Samstag mit ihm zusammen sein. Sie hatten sich in der Tat stillschweigend darauf geeinigt, dass er bei der Verabschiedung einen Geldschein auf den Couchtisch legte, außer wenn er ihr ein aufwändiges Geschenk gemacht hatte. Er fühlte sich zwar nicht als Kunde, das keineswegs, aber er wusste, dass sie auf sein Geld angewiesen war und er sah sich nicht in der Situation eines beliebigen Freiers, der für jeden Fick bezahlen musste. Er fühlte sich, als....? Beim Nachdenken war ihm ein Begriff eingefallen, der ihm zutreffend erschien, er fühlte sich als eigennütziger Entwicklungshelfer.

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