Konkurrenz

Hochhausromantik - Teil 2

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Yupag Chinasky

Jessi sei in Wirklichkeit arm, weil sie immer viel Geld nach Hause schicken müsse, sie könne sich ja kaum etwas für sich selbst leisten. Ob ihm schon einmal aufgefallen sei, dass sie immer dieselben alten Klamotten trage, Klamotten aus dem Second-hand-Laden, dass ihr Make-up einfallslos und billig sei. Nur für die Haare würde sie Geld ausgeben, weil ihre eigenen kurz und kraus und langweilig seien und sie ohne ihre aufwändige Frisur jeden Mann abschrecken würden. Und ob er gemerkt habe, dass sie selten Unterwäsche trage? Nicht nur, weil die zu teuer sei, nein, weil sie aus einem rückständigen Stamm komme, dort sei Unterwäsche unbekannt und diese Tradition habe sie auch hier beibehalten, diese elende Schlampe, die nicht einmal ihren Namen richtig schreiben könne. Sie, Naomi, sei dagegen zivilisiert und gebildet, sie sie auf eine Superschule gegangen und sie würde genug Geld verdienen und könne ganz gut leben, weil sie viel attraktiver sei, mehr Männer anziehen würde und viel mehr Trinkgeld bekäme. Er hörte ihr zu und war von ihr fasziniert. Sie war so direkt, so sinnlich, so verführerisch, so herrlich vulgär und unkompliziert, so überschäumend und direkt, mit anderen Worten, sie war so völlig anders als diese harmlose, bigotte Jessi, die auf einmal nur noch Zweitfrau, nein Drittfrau war, weitgehend uninteressant, abgemeldet, abgeschrieben. Nachdem sie fertig und er die nicht unbedeutende Rechnung beglichen hatte, schlug er vor, in ein Hotel zu gehen, obwohl er keine Ahnung hatte, wo man um die Mittagszeit ein Hotel finden könnte, dass Zimmer auf Stundenbasis vermietete. Aber Naomi sagte resolut, dass solch eine Geldverschwendung nicht infrage komme. Sie nestelte ihr teures i-Phone aus ihrer Gucci-Handtasche und rief Jessi an. Ein paar harsche Worte in einer Sprache, die er nicht verstand, dann war die Wohnung frei.

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