Vielleicht - dachte er dann weiter, konnte sie sich gar nicht anders verhalten und trieb alle ihre Kunden unbewusst zur Eile an. Time is money. Aber warum wollten die dann doch immer zu ihr? Hätte sie sich bei ihm nicht etwas mehr Mühe geben können? Er war doch nicht jeder und außerdem hatte er sie zum Essen eingeladen und sie ordentlich bezahlt. Hatte er dadurch nicht ein Anrecht auf guten Service? Jedenfalls waren die vergeblichen Bemühungen für beide völlig unbefriedigend. Er schaffte es weder, sich auf sie noch auf sein Fleisch zu konzentrieren. Sie schaffte es nicht, sich auf ihn einzustellen und sein Fleisch aufzurichten. Nach einer Viertelstunde sagte sie, es habe keinen Zweck weiterzumachen, er könne wohl einfach nicht und sie würde jetzt aufhören, weil ihr die Hand schon wehtäte. Er schaute sie böse an, sagte aber nichts. Sie ging in das Bad, kam zurück und zog das kurze Kleid an, das ihn noch vor einer Stunde so erregt hatte. Er lag immer noch mit geschlossenen Augen auf dem Bett und fragte sich, was eigentlich schiefgelaufen war. Sie zog an seinem Fuß, und als er die Augen öffnete, schaute sie demonstrativ auf ihre teure Armbanduhr. Er verstand, stand auf und zog sich an. Dann ging er, nach einem kurzen formlosen Abschied mit einem höchst unguten, höchst unbefriedigten Gefühl, sie dagegen war anscheinend ganz gleichmütig. Zum ersten Mal seit Langem war er an einem Samstagnachmittag früh zu Hause. Er ärgerte und langweilte sich, bis seine Frau kam. Aus einem nichtigen Grund fing er Krawall mit ihr an und beschimpfte sie.
Am nächsten Samstag wusste er nicht, was er tun sollte. Es noch einmal mit Naomi versuchen? Vielleicht würde es jetzt besser gehen. Vielleicht waren es doch nur Anlaufschwierigkeiten gewesen. Andererseits hatten ihn ihr Desinteresse, ihre Hast, ihn rasch wieder loszuwerden, ihre Habgier nach seinem Geld und ihre emotionale Kälte, ja das war es, sie war emotional kalt geblieben, ziemlich geärgert. Außerdem war er ein Geizhals, der nur manchmal Großzügigkeit aufkommen ließ und sein Geld ungern für etwas ausgab, das sich nicht rentierte. Er hatte für sein Geld nicht das bekommen, was er erwartet hatte. Naomi kam ihm inzwischen vor, wie eine Insektensammlerin, die, wenn sie ein neues Exemplar eines Prachtkäfers gefunden hatte, es aufspießte, in eine Vitrine steckte und austrocknen ließ. Nein, Naomi lieber nicht. Er wählte die Nummer von Jessi. Sie nahm nicht ab. Als sich die Sprachbox meldete, legte er auf. Wenn sie wollte, sah sie ja seine Nummer auf ihrem Handy und konnte zurückrufen. Er wartete auf ihren Rückruf, werkelte ausnahmsweise im Haus und im Garten herum und hatte an nichts Spaß. Es kam kein Anruf und mittlerweile war es zu spät, um noch etwas zu arrangieren, deswegen und aus gekränkter Ehre rief er nicht noch einmal bei ihr an. Der Samstag war versaut und seine schlechte Laune musste wieder seine Frau ausbaden, die daraufhin ebenfalls wütend wurde und ihn gereizt fragte, warum er schon wieder solch ein Scheusal sei. Er war versucht Jessi unter der Woche anzurufen oder doch lieber Naomi? Aber er hatte sich immer nur samstags gemeldet und sah keinen Grund und keine konkrete Gelegenheit, eines der Mädchen unter der Woche zu treffen und von den beiden meldete sich auch keine. Er war weiterhin wütend und schlecht gelaunt und seine Frau begann sich zu wundern und ihn mit Fragen zu traktieren, was mit ihm los sei.
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Hochhausromantik - Teil 2
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