Krampusse

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Krampusse

Krampusse

Anita Isiris

Er grölt, schreit, singt, tanzt und vergisst vor Begeisterung seine Aufgabe, den Nikolaus bei erzieherischen Massnahmen zu unterstützen. Zehn Krampusse sind es an der Zahl, aber einer von ihnen hat sich ausgeklinkt. Hans-Erwin. Klar. Er ist auf dem Weg zu Eliane. Diese schiebt sich gerade eine glitzernde Spange ins Haar, als an ihre Tür gehämmert wird, und zwar dermassen kraftvoll, dass das ganze Hexenhaus erzittert. Geistesgegenwärtig packt Eliane eine Daunendecke, geht ruhig durch den kleinen Korridor und schiebt eine Truhe vor die Eingangstür.

Sie hüllt sich in die Decke und setzt sich auf die Truhe. “Himmelvögelsatansknechtruprechtverfluchtverdammtundzugenäht” ruft Hans-Erwin mit sonorer Stimme und bewirft die kleine Tür mit Schneebällen. Stille. Hans-Erwin trifft ein Fenster. Es klirrt; die Scheibe bleibt aber drin. „Himmelvögelsatansknechtruprecht…” schreit er noch einmal, aber dieses Zauberwort verschafft ihm keinen Einlass in Elianes Reich. Ihr ist verständlicherweise nicht ganz wohl bei der Sache, aber sie schickt sich in die Situation und wartet ab. Hans-Erwin ändert seine Taktik. Allmählich friert ihn. “Ich... äh… bin ein Krampus”, ruft er, “ein Krrrrrrraaaampussss!”. Das wirkt. Die Truhe wird zur Seite geschoben und Eliane öffnet die Tür. Sie will etwas erleben, unbedingt, und zwar noch in dieser Nacht (wann denn sonst?). Der mit einem Ziegenfell bekleidete bärtige Mann vor der Schneekulisse wirkt gespenstisch. Hans-Erwin hat auf die Gesichtsmaske verzichtet, auch trägt er keinen Hörnerkopfschmuck. Aber er hat grosse kräftige Hände, mit denen er jetzt langsam auf Eliane zugeht. Diese sieht einfach zum Anbeissen aus in ihrem langen weiten Rock, der ihre grosszügige Figur höchstens erahnen lässt. Ihr frisch gewaschenes, langes dunkles Haar und die vollen Lippen unterstreichen die Schönheit der Salzburgerin.

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Gedichte auf den Leib geschrieben