Die Kratzbürste

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Die Kratzbürste

Die Kratzbürste

Sven Solge

Es war mal wieder nicht mein Tag.

Zuerst fiel mir mein gefüllter Kaffeebecher aus der Hand und zerschellte auf dem Fliesenfußboden in der Küche. Die Sauerei kann man sich vorstellen. Die Splitter des Bechers werde ich wohl noch Wochen später finden, ähnlich wie man Konfetti von Sylvester noch im Sommer findet.

Zum Glück war Samstag und ich war nicht unter Zeitdruck. Trotzdem ärgerte ich mich maßlos, weil es gerade mein Lieblingsbecher war, mit dem Bild meines Schutzengel drauf. Ich hatte den Becher von einer meiner Verflossenen geschenkt bekommen, an der ich sehr hing und unter der Trennung immer noch leide.

Männer haben ja meistens mehr Probleme damit, wenn eine Frau einem den Laufpass gibt, als umgekehrt. Da leidet das Selbstwertgefühl stark drunter.

Ich hatte an die 12 – 13 Becher im Schrank, aber ausgerechnet der musste es sein.

'Toni du hast selber Schuld, streich sie endlich aus deinem Gedächtnis. Das war bestimmt ein Zeichen, dass du sie vergessen sollst!', sagte ich zu mir und verbannte Erika aus meinem Kopf.

Aber der Tag war ja noch nicht zu Ende.

Um meinen Frust abzubauen, holte ich mein Fahrrad aus dem Keller, radelte die Auffahrt runter und bog gleich links ab und wollte auf dem Bürgersteig bis zur nächsten Ecke fahren, weil es dort zum Wanderweg ging. Kaum hatte ich in den nächsthöheren Gang geschaltet, als es fürchterlich ratterte und ich ins Leere trat. Ich bremste mit der Handbremse und schaute nach unten. Die Kette war abgesprungen und klemmte jetzt zwischen den Ritzeln und den Speichen.

Mist schimpfte ich! Ausgerechnet heute hatte ich keine Einmalhandschuhe mit. Aber egal, dann hole ich mir eben schmutzige Finger.

Ich stellte das Rad auf den Ständer und beugte mich über die Kette. Ich zerrte und zog aber das Biest hatte sich so verkeilt, dass ich wohl doch einen Schraubendreher aus meiner Werkzeugtasche brauchte. Gerade wollte ich mich aufrichten, hörte ich hinter mir eine keifende Stimme:

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