„Und schauen Sie dort oben! Dort sehen Sie den Barock in seiner schönsten Ausführung!“
Scheiß auf die Putten, Uta ist genervt. Seit drei Tagen sieht sie nur Kirchen und darin Gold auf weißem Stuck, versetzt mit Speckengeln. Diese Exkursion wirkt verdammt ermüdend.
Der einzige Grund, warum sie sich den ganzen Streß hier antut, steht vorn in der ersten Reihe und ist anscheinend fasziniert von dem gesamten Murks hier: Dr. Mark Wagner.
Oh ja, nur seinetwegen reist sie mit einem Bus voller Kunstgeschichtsfreaks durch das südliche Deutschland und den Alpenraum und haut sich eine Kirche nach der anderen in die Birne: Dr. Mark ist der Größte. Also nicht wirklich, für einen Mann eher klein, vielleicht zehn Kilo zuviel auf den Rippen, aber eine Ausstrahlung, der sie sich nicht entziehen kann. Dr. Mark, wie er von seinen Studenten genannt wird, ist ein totaler Fachidiot, es gibt nichts in seinem Wissenschaftsgebiet, was er nicht weiß oder zuordnen könnte. Vielleicht etwa zehn Jahre älter als seine Studenten ist er auf dem besten Wege, demnächst auch ihr Prof zu werden.
Das ist Uta egal, sie hat nicht nur seinen guten Verstand erkannt. Nein, sie hat seinen Blick gesehen, gelesen, sie hat ihn fast schon gerochen. Dieser Mann hat einen seltenen, verschmitzten Humor und registriert mehr, als ihm die meisten Menschen zutrauen. Wenn er etwas erklärt, und sei es nur die Entwicklung der Fensterrahmen in der Renaissancezeit, erhärten sich ihre Nippel auf unerhörte Weise. Uta ist sich sicher, ihr Pendant gefunden zu haben. Dozentenknacken ist zwar eher bei den BWLerinnen und in den Medienwissenschaften populär, aber hier geht’s ja nicht um den Sport.
Und während der zehntägigen Exkursion sollte doch in Bezug auf eine zwischenmenschliche Kommunikation etwas zu rocken sein. Obwohl Uta da momentan nicht als Musterexemplar durchgeht. Anstatt an den allabendlichen studentischen Pizzafreßgelagen, begleitet von amerikanischen Frostschutzmittelweinen, teilzunehmen, flitzt unsere Gazelle lieber mit Laufschuhen bewaffnet durch die Flur. Körperliche Anspannung ist nur mit körperlicher Anstrengung zu besiegen. Zudem macht es den Po knackig und nebenbei lernt man die Umgebung kennen.
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