Begeisterung brandete auf, als Michel die Bühne betrat. Bescheiden stellte er seine Tasche neben das Stuhlbein als wäre sie kein Beutel, sondern ein Hund, der ihm ans Bein pisst. Dann wühlte er im Inneren des Stoffsacks herum und förderte nacheinander eine Zeitschrift, ein französisches Exemplar seines Buchs und eine Lesebrille zu Tage. Er blieb einen Moment lang unschlüssig im Raum stehen, ehe er seinen Parka abstreifte und über die Stuhllehne drapierte. Dann erst setzte er sich neben den Schauspieler.
Susann seufzte still vor Rührung. Ihr kleines Herz pochte wild hinter ihren üppigen Brüsten. Nichts hatte sie vorbereitet auf die unglaubliche Aura des Autors von Karte und Gebiet. Michel schlug sein Werk auf und begann zu lesen. Seine Stimme hatte einen samtenen Klang. Susann rekelte sich wohlig im Gewand seiner Worte. Ihr war, als badete sie in ihrem Timbre.
Auf die Worte des Schauspielers achtete Susann kaum. Zu sehr nahm Michels Oeuvre ihre Aufmerksamkeit in Anspruch. Heimlich beobachtete sie seine Gesten.
Dann war das Interview mit dem Verleger dran. Susann registrierte erstaunt, dass Michel mehr Humor besaß, als man ihm nachsagte. Während wieder der Schauspieler aus dem deutschen Text las, reifte Susanns Entschluss. Sie riss einen Zettel aus dem karierten Ringbuch und schrieb:
„Michel,
You stay longer in Berlin or leaving tomorrow? I like to show you the Berlin swinger scene.
Susann 01520 / 859 ** **”
Ungeduldig wartete sie auf das Ende der Lesung. Sobald sich Michel von seinem Platz erhob, stürmte Susann los, verließ ihren Mittelplatz in der fünften Reihe, drängte sich an aufstehenden Gästen vorbei, überrundete andere im Gang, kämpfte sich durchs Foyer und enterte die Empore. Während des Wartens gelang es ihr, weitere Autogrammjäger hinter sich zu lassen. Dann endlich sah sie ihn. Michel rauchte. Michel soff. Michel gab sich, wie es sein Publikum erwartete.
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