Lass es zu, Lea!

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Lass es zu, Lea!

Lass es zu, Lea!

Anita Isiris

Sergio freute sich wie jedes Mal, wenn er seine Freundin Lea in der Gemeinschaftspraxis abholte. Die beiden waren noch nicht lange ein Paar. Sergio arbeitete in einer kleinen Agglomerationsgemeinde; es war nicht einfach, sich durch den Feierabendverkehr durchzuschlängeln. Die Aussicht auf einen gemeinsamen Abend am See liess sein Herz höher schlagen. Eine Woche zuvor hatte er im Lotto einen Riesengewinn eingestrichen und wusste kaum wohin mit all den Euros: Es ging ihm nicht nur gut, sondern ausgezeichnet.

Er parkte seinen giftgrünen Skoda unter einem Kastanienbaum und machte sich auf den Weg Richtung Bahnhof. Das Gebäude, in dem Lea arbeitete, war eines dieser typischen „Reissbrett“-Zentren, wie man sie heute überall findet. Modern, lichtdurchflutet, und doch irgendwie allzu geplant, um belebt zu wirken. Vielleicht würden das spätere Generationen, die nur noch in Sardinendosen hausten, ganz anders sehen. „Toll, wie Ihr damals gebaut habt“, würden sie dereinst zu ihren Grossvätern sagen.

Sergio drückte die Lifttaste und glitt in den vierten Stock. Drei junge Frauen im Warteraum betrachteten ihn mit grossen Augen. In der Mitte sass die Jüngste der drei, mit tief liegenden Augen und leichenblass. Die beiden andern waren offenbar ihre Begleiterinnen.

Leas Arbeitsraum war leer. Sergio stellte ihr eine Cola aufs Pult, konstatierte, dass sie mal wieder ihren PC nicht heruntergefahren hatte, und ging zum Empfang, um sich nach ihrem Verbleib zu erkundigen.

„Sie ist wohl im fünften Stock.“ Sergio nahm die leichte Röte nicht wahr, die sich auf Karins Wangen ausbreitete. Sie arbeitete als Praxisassistentin und nestelte nach der Begegnung mit ihm nervös an den Knöpfen ihrer Schürze.

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