Leer

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Manchmal fühle ich mich einfach leer, mein Kopf, mein Körper, meine Emotionen. Manchmal aber auch ist alles ganz voll. Ich dachte darüber nach, als ich wieder mal mehrere leere Wasserkästen aus meinem Keller in mein Auto schleppen musste, zum Getränkemarkt fuhr, um dann anschließend die gleiche Anzahl an vollen Wasserkästen wieder in den Keller schleppen zu müssen. Wie oft hatte ich mir schon überlegt mir einen dieser Wasseraufbereiter zuzulegen? Auch heute dachte ich wieder darüber nach. Auf der anderen Seite, hatte es sich einfach so eingespielt, alt gegen neu, leer gegen voll regelmäßig zu tauschen. Ich schloss den Kofferraum und fuhr zu “meinem” Getränkemarkt. Dort angekommen wurden die leeren Kästen dann ein weiteres Mal von mir bewegt. Nämlich aus dem Kofferraum heraus und in den Einkaufswagen hinein. Alles war wie immer. Bis ich dann den Getränkemarkt betrat und vor der Pfandrückgabekasse anhielt. Eigentlich traf ich hier immer auf dieselben Angestellten. Zwei Frauen und ein Mann, alle etwa in meinem Alter. Ich hatte mich schon oft gefragt, ob sie hier ihren Traumjob gefunden hatten oder ob sie das Flaschenzählen und Kistenstapeln nur taten, weil sie nichts anderes fanden. Heute aber, war es anders.

Heute begrüßte mich eine andere, sehr auffällig aussehende, aber auch sehr attraktive Frau. Sie hatte lange, pechschwarze Haare, die zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren. An der Seite waren die Haare jedoch abrasiert. Neben einem Nasenring hatte sie auch ein Piercing durch die Augenbraue. Sie trug wie alle Angestellten hier den obligatorischen Kapuzenpulli mit dem aufgedruckten Logo des Getränkemarktes, dazu eine zerlöcherte Jeans und hohe, bis fast zu den Knien reichende, schwarze Doc Martens. Ich starrte sie an. Nicht wegen ihres auffälligen Aussehens. Ich kannte sie. Zwar hatte sie früher anders, etwas “normaler” ausgesehen, aber nur ein Blick in ihre grünen Augen genügte und ich war mir ganz sicher. Das war die Frau, in die ich mich vor fast fünfzehn Jahre verguckt hatte. Die ich damals unbedingt wollte. Was hatte ich mir in meiner Phantasie alles ausgemalt, was ich mit ihr tun würde. Rückblickend waren es alles nur sexuelle Dinge. Über ein Leben mit ihr, über eine Beziehung, die über den Sex hinausgehen würden hatte ich nie nachgedacht. Egal, es hatte damals eh nicht sein sollten. Noch ehe meine immer intensiveren Bemühungen um sie zu irgendeinem Ergebnis geführt hatten, war sie verschwunden. Einfach weg. Ich hatte ihr in der Tat auch nicht sehr lange hinterher getrauert. Schon bald hatte ich eine andere, die ich dann auch geheiratet hatte. Immerhin fast 12 Jahre hatte unsere Ehe gehalten. Dann war unsere Beziehung irgendwie leer und ich war wieder Single. Und jetzt stand ich hier vor ihr, konnte es kaum glauben und mein Kopf war voll mit Erinnerungen. Auch sie schien mich wiederzuerkennen, zögerte aber. Schließlich war ich es, der sie ansprach. Eins kam zum anderen und bereits nach einer recht kurzen Unterhaltung waren wir für das nächste Wochenende zum Essen verabredet.

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