Letzte Gelegenheit

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Letzte Gelegenheit

Letzte Gelegenheit

Paul Magallas

Wie es bei ihr aussehen würde, wusste ich von einer der letzten Zoom-Konferenzen. Die Adresse ließ sich problemlos erfragen. So stieg ich an diesem Donnerstagnachmittag ins Auto, fuhr die kurze Strecke zu ihr. In ihrer Straße fand ich schnell einen Parkplatz, brauchte aber lange, bis ich ausstieg und klingelte. Der Puls ging schneller, ich spürte Schweiß an Stellen, wo er mir jetzt unangenehm und peinlich war. Was machst du hier? Die Stimmen in mir verfielen in eine hitzige Debatte. Irgendwann kürzte ich das Palaver ab, stieg kurz entschlossen aus, schloss den Wagen ab, lief ans Haus, suchte unter den vielen Namen ihren Klingelknopf und drückte. Erst geschah nichts. Gottseidank, sie ist nicht da. Nichts wie weg! Als ich schon weggehen wollte, hörte ich ihre Stimme in der Sprechanlage. „Ja bitte, wer da?“ Ich sagte meinen Namen. Dann wieder Stille. Statt einer Antwort summte der Türöffner. Ich stieg langsam die Stufen hoch. Ich wusste, dass sie im Dachgeschoss wohnte. Eine lange Strecke und viel zu viel Zeit, um das innere Palaver noch einmal anzuwerfen.
„Das ist aber eine Überraschung!“. Ihre Begrüßung riss mich aus allen Gedanken und holte mich in den Augenblick. Barfuß stand sie in ihrer Tür. Lässig, aber nicht weniger stilvoll als sonst gekleidet war sie auch jetzt ein Hingucker. Ich spürte, wie sich in machen Körperregionen Leben regte. „Kommen Sie rein. Ich habe mir eben einen Tee gekocht. Wollen Sie auch eine Tasse?“. Ich folgte ihr ins Wohnzimmer und wir setzten uns an den Tisch. „Jetzt müssen Sie mir aber schon sagen, warum Sie da sind und so hereinplatzen“. Das klang nicht vorwurfsvoll. Ihr Gesicht spiegelte, dass sie das freundlich meinte.
Ich musste mich erst sammeln und dann fing ich an, einfach loszureden, beinahe ohne Punkt und Komma: Dass ich ihr ja schon einmal gesagt hätte, dass sie eine echte Augenweide sei und einen so exquisiten Kleidungsstil und eine große Ausstrahlung hätte. Schon damals war ich mir nicht so recht sicher, ob das eigentlich nicht zu weit ginge, so offen zu reden. Nun, da sie ja die Abteilung für den verdienten Ruhestand verließe, würden wir uns ja aus den Augen verlieren. Ich bedauerte das sehr. Von meinen heimlichen Phantasien sagte ich natürlich nichts, aber die drängten sich jetzt nach oben und verstärkten das Pochen – vor allem im Unterleib.

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