erschöpft und ausgelaugt ließ er die schwere eingangstür des alten mietshauses hinter sich zufallen und begann nach einem kurzen, verzweifelten zögern damit, die vielen stufen hinauf zu steigen. was war das nur wieder für ein unendlich langsamer tag gewesen, dachte er. was war das überhaupt für eine bleierne zeit! und während er sich weiter schleppte, während er stiege um stiege hinter sich ließ, war da nur ein tröstender gedanke in seinem kopf, nämlich der, dass die wohnung, die weit dort oben, direkt unter dem dach auf ihn wartete, zwar klein, dafür aber umso gemütlicher und nur für ihn alleine war. kein neurotischer, machtversessener redaktionsleiter würde darin auf ihn warten und zetern wegen irgendwelcher geplatzter termine und auch unzufriedenen ex-ehefrauen, die nichts anderes im sinn hatten, als ihm permanent vorzuwerfen, er sei ein dämlicher versager, der in diesem leben ganz sicher nicht mehr voran käme, war der zutritt verwehrt.
nein, falls er es auch heute abend wieder bis ganz nach oben schaffen sollte, würde ihm niemand mehr auf die nerven gehen, würde er endlich seine ruhe haben. er würde heiß duschen, hinterher zwei, drei scheiben brot mit wurst und käse hinunterschlingen, wahrscheinlich gleich im stehen, denn er war sehr hungrig. dazu würde er, diesen luxus leistete er sich trotz der teuren scheidung die hinter ihm lag, ein wirklich gutes glas wein trinken, oder besser gleich eine ganze flasche davon, er würde selbst gedrehte zigaretten rauchen, wahrscheinlich wieder mal zu viele - um schließlich, wenn schon nicht glücklich, dann wenigstens doch sehr schläfrig in sein bett zu fallen und auch diesen verlorenen tag schließlich hinter sich zu lassen.
Die letzte Ingredienz
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