Die letzte Nacht

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Die letzte Nacht

Die letzte Nacht

Yupag Chinasky

Sie summte zufrieden vor sich hin und kramte in ihrer Handtasche nach dem Haustürschlüssel. Er schaute noch einmal die Straße hinab, aber das Taxi hatte nicht gehalten.

Dir Frau öffnete die Tür, trat in den dunklen Flur und er folgte ihr. Sie schimpfte, weil das Flurlicht schon wieder kaputt sei und wollte gerade ihre Wohnungstür öffnen, als diese heftig aufgestoßen wurde. In dem hellen Licht des Türrahmens sah er zwei Männer, die in den Flur traten. Die Frau schrie überrascht auf, wich zurück und umklammerte seinen Arm. Einer der Männer packte sie und schrie laut und böse auf sie ein. Sie schrie zurück und begann zu heulen. Dann wurde sie in die Wohnung gezerrt und die Tür zugeschlagen. Nun war er war mit dem zweiten Mann allein, den er nicht sehen, dafür um so besser hören und fühlen konnte. Er verstand von dessen bellenden Satzfetzen nur einige Bruchstücke, aber genug, um zu begreifen, dass der Mann ihr Bruder war und wissen wollte, was er mit seiner Schwester schon angestellt habe und was er noch vorhabe, nachts, allein mit ihr in der Wohnung. Der Mann gab auch gleich die Antwort, es sei ja wohl klar, was er gewollt habe, er sei ein Vergewaltiger, ein blöder fickender Tourist, ein Arschloch, ein Schwein, eine Ratte. Bevor er etwas sagen konnte, bekam er heftige Schläge auf die Brust, in den Magen und in den Bauch. Dann öffnete der Schläger die Haustür und zerrte ihn auf die Straße. Ein Tritt in die Kniekehle und ein Fausthieb ins Gesicht, ließen ihn straucheln. Seine Brille fiel auf die Straße, er hörte, wie sie knirschend unter der Schuhsohle des Schlägers zerbrach. Ein kräftiger Hieb in den Magen beförderte ihn schließlich in den Matsch der Straße. Als er da lag und sich vor Schmerzen krümmte, beugte sich der Wütende über ihn, durchsuchte seine Taschen und steckte ein, was er fand, zwar kaum Bargeld, aber die Kreditkarte, den Pass, das Flugticket und die teure Armbanduhr. Bevor er sich mit einem letzten Fußtritt verabschiedete und wieder in das Haus ging, sagte er noch, er solle verschwinden und sich hier ja nicht mehr sehen lassen und wenn er zur Polizei ginge, würde er ihn umbringen. Als er allein war, heulte er vor Wut, vor Scham und vor Schmerz. Dann stand er mühsam auf und ging, nach vorne gekrümmt, in die regnerische Nacht, einem unbekannten Ziel entgegen.

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