Die Liebenden aus der Telefonzelle

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Die Liebenden aus der Telefonzelle

Die Liebenden aus der Telefonzelle

Sophie Andrell

Sarah Wangenbrecht ist eine taffe Frau. Aber tief in ihrem Innersten verborgen gibt es einen Ort, wo die Sehnsucht wohnt. Die ganze Woche über wohnt sie in einem winzigen Kabuff ohne richtiges Tageslicht. Natürlich benötigt sie kein Tageslicht, denn, wenn sie, was meist spätnachts geschieht, aus ihrem Büro in der Karl-Marx-Straße nach Hause kommt, ist es dunkel. Was also hat sie dazu bewogen, ausgerechnet in einer ausrangierten Telefonzelle Zuflucht zu suchen? Vielleicht war es ja Nostalgie…

Früher einmal gab es richtige Telefonzellen. Ganz früher waren sie gelb und gehörten der Post. Früher ist abgebrannt. Heute gibt es immer mehr elektronische Bücher, was die Umwelt schont und Ressourcen spart.
In Zeiten wie diesen, wo Worte wie skypen, Internettelefonie und Handy-Flatrate durch virtuelle und wirkliche Räume schwirren, wären große, gelbe Kästen fehl am Platz. Findige Menschen liberaler Gesinnung versuchen, sie einer neuen Verwendung zuzuführen. Da es erstaunlich viele altmodische Menschen gibt, die lesen, ward die Bücherbox erfunden. Mit viel Tam Tam weihte man die erste in Sarahs Kiez ein. Dazu gab es Gratisglühwein und Kekse, ein Sänger sang seinen Song und der Kiezfürst hielt eine Rede. Nun steht das Ding da und wird emsig frequentiert. Scheu schlüpft Sarah hinein und fängt an, in den Büchern zu stöbern, die viele Hände hielten und viele Augen ansahen.
Hmm. Lady Chatterley. War das nicht die Dame mit dem Wildhüter? Sarah nimmt sich das Buch. Sinn der Bücherbox, die einmal eine Telefonzelle war, ist es, dass sich jeder hieraus nehmen kann, was sein Herz begehrt und selbiges, so er es nicht mehr begehrt, zurückstellt.
Die rassige Frau mit den langen, schwarzen Haaren eilt in ihre warme Stube, brüht einen schwarzen Tee und nimmt auf ihrem Sofa aus rotem Velours Platz, das Buch in ihrer Hand. Aber nanu. Was ist das? Aus dem Einband fällt ein Zettel, fein säuberlich gefaltet. Sarah greift zu und entfaltet das karierte Blatt Papier. Atemlos liest sie:

„Liebste!
Wie könnte ich jemals ohne dich leben? Du bist alles für mich. Meine Sonne, mein Mond und mein Sternenhimmel. Wenn du mir deinen Schoß öffnest und mir deine feucht schimmernde Höhle zum Festschmaus darbietest, kann ich nicht anders. Ich trete zu dir und falle vor deinen Gaben auf die Knie. Meine Nase versinkt tief zwischen deinen Lippen. Ich sauge deinen köstlichen Duft in mich ein. Meine Hände ergreifen deine Apfelbäckchen. Sanft umspielt meine Zunge deine Liebeperle, die groß wird und fest.
Still seufzt du auf. Dein Saft tropft an meinem Kinn hinab. Du zitterst. Gleich wird es so weit sein. Mein Finger schlüpft in deine Höhle.
Dann hebst du ab. Dein Becken bebt, deine Perle zuckt und dein Saft, er läuft und läuft. Ich schlürfe ihn wie Nektar.“

Erschöpft lässt Sarah das Blatt fallen. Ihr Finger schlüpft in ihre Hose, hinein in ihre dunkel behaarte Mulde. Sie genießt das warme, weiche Gefühl ihrer Erregung. Der Saft ihrer Lust benetzt ihre Rosenblätter. Sie reibt ihre Perle. Sie schließt die Augen und genießt. Vor ihrem inneren Auge taucht ein Bild auf. Ein Reiter auf einem weißen Pferd. Sein langes, blondes Haar ist zu einem Zopf geflochten, welcher ihm über die rechte Schulter fällt. Er lächelt sie an. Scheu schaut sie zu ihm.
„Mylady. Wohin des Wegs? Kann ich sie ein Stück mitnehmen?“

Sarah hält die Augen geschlossen und träumt, als sie in einer wilden Woge kommt. Schnell schlüpft ihr Finger zurück. Sie klappt das Buch zu und legt den gefalteten Zettel dorthin zurück, wo sie ihn fand.

In dieser Nacht findet sie schwer Schlaf. Immer wieder fährt die Lust in ihren Schoss wie ein Dämon.
Am nächsten Morgen schmiedet sie einen Plan. Sie nimmt einen Bogen ihres schönsten Papiers und greift zum Stift.

"Mein Geliebter!
Wie sehr vermisse ich es, dass du meine erregten Knospen mit deinen Haaren streichelst. Ich wünschte, deine sanfte Zunge möge mich über jene Schwelle von dannen tragen, hinter der das Paradies verborgen liegt. So komm, mein edler Ritter! Zücke dein Schwert! Befreie es aus seinem Verließ und lass mich deine Kraft in meiner Höhle fühlen.
Auf ewig dein! Sarah"

Ihre Hände zittern, als sie mit dem Buch in der Hand die Box betritt. Scheu sieht sie sich um. Schnell stellt sie Lady Chatterley zu den anderen und verlässt die enge Zelle. Ihr Herz wummert, als hätte sie einen Marathonlauf absolviert.

Klas ist ein schüchterner Mann. Seine Haut ist blass und seine Haare haben sich früh von seinem Kopf verabschiedet. Er liebt Literatur über alles und er würde auch die Frauen lieben, wenn sie ihn nur ließen. So aber verbringt er seine einsamen Abende im weltweiten Netz, sein Notebook auf seinen Schenkeln. Einer plötzlichen Eingebung folgend zieht er sich an und verlässt das Haus. Zielstrebig steuert er auf die gelbe Box zu. Es ist noch da! Dem Himmel sei Dank! Er nimmt Lady Chatterley in seine Hand und schüttelt sie durch. In diesem Augenblick löst sich Sarahs Nachricht und fällt zu Boden. Hastig greift Klas nach dem Blatt, birgt es an seiner schmächtigen Brust und stürmt hinaus in die Nacht. In der Wohnung angekommen liest er mit zitternden Fingern. Als er fertig ist, hat er eine Träne im Auge. Er geht zum Kühlschrank und nimmt die Flasche heraus, in der rosefarben der Rebensaft schimmert. Er gießt ein. Die göttliche Traube benetzt seine welken Lippen. Er schließt die Augen und genießt stumm. Dann setzt er sich wieder an seinen Monitor.
Aber das Gelesene lässt ihm keine Ruhe. Zweifelsohne war es die Handschrift einer Frau. Einer Frau, einer leibhaftigen Frau, aus Fleisch und Blut, mit einem Herzen, das schlägt, mit warmen, weichen Brüsten und Schleimhäuten, die offensichtlich nach Berührung lechzen. Klas wäre ein Narr, wenn er diesen Umstand nicht zu seinem Vorteil nutzen würde. Zögernd greift er zum Stift. Er nimmt ein Blatt Papier heraus und beginnt, die Buchstaben aneinander zu reihen.

"Teuerste!
Ich bitte um Vergebung! Es ist unverzeihlich, sie so lange auf eine Nachricht warten zu lassen. Natürlich zücke ich mein Schwert, es lechzt bereits nach Ihnen. Ach, könnte ich doch auf der Stelle und ohne Umschweife in Ihr Allerheiligstes eindringen!“

Aufgeregt legt er das Buch mit der gefalteten Liebesbotschaft zurück an seinen Platz.

Sarah ist seit vielen Jahren mit Oskar zusammen. Es ist nicht so, dass sie ihren Gefährten nicht mehr liebt, aber hin und wieder… Ja, gelegentlich verspürte sie so etwas wie Sehnsucht. Sie will leidenschaftlich geliebt werden, bis selbst ihre Haarspitzen in Flammen stehen. Mit brennendem Herzen greift sie zum Stift und schreibt mit roter Tinte:

„Oh, mein heißersehnter Ritter!
Ich kann es kaum mehr erwarten, dass sie meine brennende Schlucht kühlen. Wann darf ich Sie endlich in mir spüren?
In sehnsüchtiger Erwartung
Sarah“

Klas ist eigentlich nicht unattraktiv. Seine Geheimratsecken wirken geheimnisvoll, seine blasse Haut lässt ihn intellektuell erscheinen und seine schlaksige Gestalt erweckt den Anschein, als würde er auf seine Gesundheit achten. Nichts von all dem ist wahr. Klas raucht, seit er fünfzehn ist, seine Zähne sind nikotingelb verfärbt, er trinkt jeden Abend fünf Flaschen Bier und Sport hat er nie getrieben. Der Roséwein ist ein Geschenk seiner Schwester. Als er Sarahs leidenschaftlichen Brief in den Händen hält, ist er anfangs erschrocken. Aber nach dem dritten Bier fasst er Mut und schreibt:

„Geliebte Sarah!
Ich werde an der gelben Zitadelle deiner harren. Mein Schwert wird zu deiner Verfügung stehen. Halte dich bereit. Aber verhülle dein Haupt. Dein Ritter wird in seiner Rüstung zu dir kommen.
Klas“

Wieder sind einige Tage vergangen. Sarah hat das Wochenende bei Oskar verbracht. Es ist fast, als hätte ihr Gefährte einen Verdacht geschöpft. Normalerweise hätten sie lange Spaziergänge in der Natur unternommen. Diesmal ist es anders. Oskar hat gekocht. Ihr Lieblingsessen, Hähnchencurry mit Mango, extra scharf gewürzt. Kaum hat sie aufgegessen, tritt er zu ihr. Zärtlich küsst er ihren Hals. Sie schließt die Augen und genießt. Seine Hände schlüpfen zu ihren prallen Äpfelchen und umkreisen sie sanft. Das bringt sie in Wallung. Mit geöffneten Schenkeln harrt sie seiner Liebkosung. Er versteht und stimuliert ihren Schoß. Da steht sie auf und reckt ihm fordernd ihr Hinterteil entgegen. Er streift ihr Höschen über ihre Hinterbacken. Saftig und rosa liegt ihre Fleischpflanze vor ihm. Er öffnet seine Hose. Er reibt sein Glied, bis es sich aufrichtet. Dann dringt er in sie ein.
Sarah stöhnt. Sie stützt sich an der Lehne des Stuhles ab. Oskar stößt zu. Er bewegt sich immer schneller, bis Sarah schreit.
„Wow“, sagte sie, nachdem sich ihr Herzschlag wieder beruhigt hat. „So wild warst du noch nie.“
Er zieht seine Hose wieder an und setzt sich.
„Sag mal, willst du nicht ganz zu mir kommen? Schmeiß deinen Job in Berlin doch hin! Du brauchst das Geld nicht.“
Verschämt sieht Sarah zu Boden. Da sinkt er vor seiner Liebsten auf die Knie.
„Sarah Wangenbrecht. Willst du meine Frau werden?“ Dazu sieht er sie liebeheischend an. Mit einer Träne im Auge sagt sie: „Ja!“

Klas sitzt an seinem Arbeitsplatz und nimmt Anruf um Anruf entgegen. Es ist anstrengend, den Amerikanern in deren Sprache Auskunft zu geben. Er sieht zur Uhr. Endlich Feierabend. Erschöpft klappt er seinen Laptop zu, nimmt seine Jacke und geht. Zuhause angekommen nimmt er ein Bad. Er schließt die Augen und taucht in den weißen Schaum.
„Sarah!“
Erschrocken erinnert er, dass er gestern geschrieben hat: „Ich erwarte dich in meiner Rüstung.“
Er nimmt sein Glied in seine Hand und reibt es so lange, bis sein Lebenssaft ins Wasser schießt.

Sarah wartet vergeblich. Enttäuscht wendet sie sich zum Gehen, als sie Schritte hört.
„Sarah?“
Erstaunt dreht sie sich um. Vor ihr steht ein Mann. Er ist groß und breitschultrig. Sein kahles Haupt lässt ihn bedrohlich wirken.
„Wer sind sie und was wollen sie von mir?“
„Mein Name ist Heisenberg.“

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