Liebesdienst

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Liebesdienst

Cai Huaxin

Beendete Beziehungen haben oft einen hyperbolischen Verlauf. Sie klingen erst schnell und dann langsamer ab, ganz ähnlich wie die Radioaktivität aussortierter Brennstäbe. Die Nulllinie erreichen sie eigentlich erst mit dem eigenen Ableben. Bis dahin bleibt ein kleiner strahlender Kern von Erinnerungen. Zwischen Julia und mir war das anders, vor allem für mich. Alle paar Monate liefen wir uns gewollt oder zufällig über den Weg, und fachten die Strahlung mit irgendeiner verrückten Aktion und neuen Erinnerungen wieder bis zum Höchstwert auf.
Es war während einer extremen Hitzeperiode im Frühsommer als wir uns am Rheinufer begegneten. Wir zögerten nicht, uns zu umarmen.
"Los, lad mich auf einen Kaffee ein!", forderte sie mich kurzentschlossen auf. An dieser Stelle der Promenade gab es eine Vielzahl von Terrassencafes und wir steuerten das nächste davon an. Julia dirigierte mich wie beiläufig an einen kleinen Tisch abseits größerer Menschenansammlungen.
Vorwürfe, Diskussionen über schlechtes Gewissen und ähnliche post-Beziehungsthemen hatten wir alle schon vor Jahren hinter uns gebracht, ich konnte mittlerweile gefahrlos damit kokettieren, dass ich es nach ihr nur zu unerfreulichen Amouren gebracht hatte, was aber - wie sie auch wusste - nicht ganz richtig war. Jedenfalls konnten wir immer gleich unverkrampft losreden. Diesmal entstand nach einer Weile eine Pause.
"Sag mal, fotografierst und filmst du noch?", tastete sich Julia dann vor; wohin, konnte ich noch nicht erkennen.
"Nicht mehr so viel, aber ja, mache ich immer noch."
Sie nickte und schien einen Augenblick lang ihre nächsten Worte zurückhalten zu wollen.
"Ich möchte, dass du mir bei einem Film hilfst."
Ich deutete ein Nicken an und zuckte mit den Schultern um zu zeigen, dass das kein Problem sei. "Sicher. Was willst du denn machen?"
"Einen kleinen Clip drehen mit mir als Hauptdarstellerin. Genauer: Mit mir als einziger Darstellerin."
"Konzept und so hast du schon, nehme ich an? Und was machst du damit? Für Youtube?"

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