Hinter den unsichtbaren Toren der Großstadt liegt erst einmal nichts. Nur unfreundliche Grüße aus dem Niemandsland. Dort erwuchsen Vorstädte aus denen Fuchs und Hase geflohen waren. Aus gutem Grund. Etwas weiter dahinter ist das Land. Dort hatte es mich nie hingezogen, nur zu den Ferien vielleicht und wenn ich mich mit ein paar gut durchtrainierten Freunden zum Survivaltraining durch die Büsche schlagen wollte.
Die Ortschaft hieß Südoberniedertalenberghausen und lag an einem See mit blauen Augen die heraussahen, wirklich sehr nett. Da gab es einen grünen Wald, üppiges Vielfarbenleben der Natur und Stroh bedeckte Holzhäuser aus denen kriegsversehrte zurückgekehrte Söhne harnten. Vor Glück. Ich kannte das alles nur von einem Prospekt der auf Mutters Spanplatteneßtisch für Ferien auf dem Bauernhof warb. Mehr Beachtung als meine visuelle Freude für die bunten Farben schenkte ich dem Prospekt nicht. Der Ort Südoberniedertalenberghausen tauchte nur durch Zufall wieder in meinem Leben auf. Ich hatte damals in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts eine verheiratete Geliebte, die Manon Stöver hieß und die sehr für das Land schwärmte. Sie suchte nach einem Ort bewußter Besinnung, an dem sie es besorgt haben wollte. Sie hatte ein Cabriolet und Mensch rollte das Niemandsland schichtweise auf. Die Sonne wärmte meine aufmerksam aufgetürmten Schlüsselbeine oberhalb meines T´s, während ihre glatten Haare mittellang im Winde flatterten.
Sie mahnte lächelnd mein Verhalten an und es ging ihr gut. In Ordnung, ich nahm die verstaubten Turnschuhe von der Ablage oberhalb des Beifahrerairbags und hörte auf in der Nase zu popeln. Liebe ist ein seltsames Spiel: Ihre hagere Hand rührte dynamisch am Schaltknüppel und ich führte einen Erfrischungsbonbon nach dem nächsten zu ihren Lippen. Wir umkreisten einen Brunnen in der Mitte des Dorfes, welches wir mittlerweile erreicht hatten. Dieses Rondell, verkehrsberuhigte Kreisverkehrsinsel schien das Zentrum des Dorfes zu sein. Mein Hintern schliff scheinbar am Boden, als sie die Allee lang noch einmal tüchtig Gas gab um schließlich in der Pension einzukehren, wo uns die Wirtsleute bereits erwarteten. Die Wirtin war eine rundliche Dame um die fünfzig mit roten Wangen und aufgesprengten Lippen in einer markigen Kunststoffschürze. Sie wollte mit Tante Grete angesprochen werden. Sie wußte bescheid über alles, daß Stillschweigen, die Lippenvereinbarungen für ein diskretes Liebesnest und versuchte uns neutral zu betrachten. Ich denke sie mochte uns nicht. Manon Stöver, meine Geliebte lächelte trotzdem, sie war vor allem froh dort und in zweiter Linie dort mit mir zu sein.
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.