Das Restaurant „Gamma“ lag etwas abseits von der Verkehrsachse. Dies hatte den Vorteil, dass die Romantik im grossen Speiseraum nicht von grellem Strassenlampenlicht zerstört wurde. Die Wände waren in einem eierschalenfarbenen Ton gehalten, die Decke leuchtete in dezentem Terra-Cotta-Ton. Liebevoll waren die Tische gedeckt, mit edlen Kristallgläsern, eher rustikalem Geschirr und feinem, schönem Besteck.
Das „Gamma“ konnte man mieten, was Ursula, Ella und Rahel jedes Jahr im Dezember taten. Sie luden jeweils ihre Freundinnen und Freunde ein, und es gab einen kleinen vorweihnachtlichen Festschmaus. Keine der drei Frauen arbeitete in der Gastronomie – aber es machte ihnen Spass, ihre Nächsten mal so richtig zu verwöhnen.
Die Tischordnung war willkürlich, obwohl, wer sich kannte, setzte sich auch gemeinsam hin. Eine Ausnahme war Tisch Nr. 9, an dem Rebekka, Christine, Lina und Mauro sassen. Die drei Frauen kannten sich schon lange, Rebekka und Christine waren ein Paar. Mauro war mit Ella, einer der Gastgeberinnen befreundet – seine Frau hütete zuhause die beiden halbwüchsigen Töchter.
Während des Apéritifs kam er sich vor wie ein Fremdling – die Frauen hingegen hatten Gesprächsstoff in Hülle und Fülle. Allmählich wandten sie sich auch Mauro zu, der nicht nur interessant aussah mit seiner markanten Nase und dem korrekten Sean-Connery-Haarschnitt, sondern ein herzerweichendes Lächeln im Gesicht hatte. Mauro wirkte sehr gewinnend, und man sah ihm an, dass er es genoss, dass endlich auch er in die Gesprächsrunde eintreten durfte.
Dann kam die Orangen-Kürbis-Suppe. Ein riskantes Rezept, sehr wohl, denn, nahmen die Zitrusfrüchte Überhand, schmeckte die Suppe sehr bitter. Waren die Zutaten ausgewogen, kam ein runder, harmonischer, glücklich machender Geschmack auf, der mit einem Schuss Crème fraîche noch verfeinert werden konnte.
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