Lisa und der Geschwänzte

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Lisa und der Geschwänzte

Lisa und der Geschwänzte

Anita Isiris

Dann war Lisa in die Realität zurückgeholt worden. Klaus war analfixiert. Schon die akribische Ordnung in seiner Wohnung hätte sie darauf bringen müssen, dass ihr Mitstudent ein Kontrollfreak war. Nun lernte sie seine sexuelle Vorliebe kennen. Lüstern hatte Klaus ihren Anus befingert, sie aufs Bett geworfen und sich auf sie gelegt. „Dreh Dich auf den Bauch“, hatte er verlangt. Wie unter Hypnose hatte Lisa Klaus ihren Po dargeboten. Er hatte ihre Vollmondbacken auseinandergezogen, Luft geholt und gezielt auf ihren Anus gespuckt. „So flutscht es besser“, hatte er heiser kommentiert und war mit einem Ruck in sie eingedrungen. Den stechenden Schmerz würde Lisa nie mehr vergessen. Sie hatte sich ihm energisch entzogen, unter Tränen ihre Kleider zusammengesucht und war in die Nacht hinausgerannt, ohne sich noch einmal umzublicken.

Lisas andere beiden Liebhaber sind nicht der Rede wert; Jungs halt, die nur sich selber im Sinn hatten und die sich nicht dafür interessierten, wie man Unterleib und Seele einer Frau wirklich wärmt.

Und doch sehnte sich Lisa nach jemandem, gerade auch an jenem Abend, an dem sie sich vor dem Badezimmerspiegel die Tränen wegschminkte. Sie war mittlerweile 25 Jahre alt und das Selbstmitleid kroch in ihr hoch wie ein feiner Herbstnebel. Sie griff nach Kajal und Lidschatten, strich ihre Rehaugen hervor und trug Lipgloss auf. Dann liess sie die Schultern hängen und ging seufzend zum Kühlschrank, entnahm ihm zwei Pasteten, ein Süssbier und ein paar Radieschen. Dann setzte sie sich ins Wohnzimmer, schaltete den Fernseher an und zappte sich durch Comedies und Quiz-Sendungen.

Sie sah oft bis um ein Uhr Morgens fern, an den Wochenenden, und projizierte sich in die Sendungen hinein. SIE war die Millionengewinnerin, SIE war die Geküsste, SIE war das Skirenntalent, SIE war Deutschlands Supertalent. Ohne dass sie es merkte, saugten RTL, RTL II und Pro 7 Lisa die Seele aus dem Leib, längst war sie keine eigenständige Persönlichkeit mehr, sondern fast nur noch Projektion. Dazu passte auch, dass sie sich für einsame Fernsehabende schminkte.

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