Lisa und der Geschwänzte

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Lisa und der Geschwänzte

Lisa und der Geschwänzte

Anita Isiris

Dann klingelte es. Lisa fuhr zusammen. Es klingelte nochmals, fordernd, eindringlich. Lisa sah an sich herunter, glättete ihr Nachthemd, klaubte ein Strickjäckchen hinter der Couch hervor und ging zur Tür. Sie blickte in ein ernstes Männergesicht. Statt die Tür zuzuschlagen, trat sie einen Schritt zurück, liess ihn eintreten. „Natas“, sagte er. „Ich bin Natas.“ Der nächtliche Besucher war gross gewachsen, sehr gut angezogen, trug unter der Tweed-Jacke einen Pulli aus Merino-Wolle und eine farblich abgestimmte Cordhose. „Störe ich?“ Die Frage war natürlich rhetorisch, um diese Zeit, aber Lisa schüttelte den Kopf. „Was... wollen Sie von mir?“, stotterte sie. „Fernsehen.“ Ich möchte ganz einfach fernsehen mit Dir.“ Lisa glaubte zu träumen. Hatte er sich durchs Wohnzimmerfenster beobachtet? Sie wusste nur, dass ihr Telefon griffbereit war; ausserdem würden Geräusche von den Nachbarn sofort wahrgenommen werden, was Lisa etwas Sicherheit gab. Natas zog die Jacke aus, faltete sie ordentlich und legte sie über einen Stuhl. Lisa verfügte in der kleinen Wohnung über keine Garderobe.

Lisa war hin- und hergerissen zwischen Angst, Ärger über sich selber – warum bloss hatte sie ihn eingelassen? - und Neugier. Abgesehen von der etwas spitzen Nase wirkte der Mann überhaupt nicht bedrohlich, besass sogar Manieren und wendete sich diskret ab, als Lisa ihr Nachthemd raffte, um sich bequemer hinsetzen zu können. „Gemeinsam fernseht sichs doch besser“, sagte der Fremde und lenkte seinen Blick auf die letzte Pastete auf dem Teller. „Möchtest Du?“, fragte Lisa und ging, ohne eine Antwort abzuwarten, in die Küche. Wollte ihr Natas wirklich nur Gesellschaft leisten? Gab es so etwas denn überhaupt? Eine Stunde lang ereignete sich nichts, ausser dass beide an ihrem Süssbier sippten und Natas gelegentlich eine spitze Bemerkung über Jack Nicholson fallen liess. Dann rückte er etwas näher zu ihr. „Schalt doch mal auf Kanal 13“, bat er sie, nahm aber den Commander selber in die Hand. Lisa wusste, dass ihr Anschluss bloss über 12 Kanäle verfügte. Eine Frau und zwei Männer auf Kanal 13 prosteten sich zu. Die Frau war offensichtlich betrunken. Einer der beiden Männer entblösste seinen Schwanz, packte die Frau an den Schultern und zog ihren Kopf zu seinen Lenden. „Suck“, sagte er. „Suck.“ Angewidert wandte Lisa sich ab. Dann überkam sie Neugier, und sie musste wieder hinsehen. Die Auf- und Ab-Bewegungen der Frau machten sie nervös. Der zweite Mann nestelte an ihrem Slip. Die Kamera zoomte die Schamlippen der Frau heran. Sie waren klitschnass. „Schön, nicht?“, flüsterte Natas und tat einen kräftigen Schluck aus seinem Glas.

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