Lockdown - Des Dramas zweiter Teil

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Lockdown - Des Dramas zweiter Teil

Lockdown - Des Dramas zweiter Teil

Anita Isiris

Dann zuckten beide zusammen.

Im Hintergrund liess sich Bundesrat Alain Berset vernehmen, wie immer mit ernst-verhaltener Stimme. „Ein Mundschutz muss jetzt auch in der Wohnung, innerhalb der Familie, getragen werden. Die Verordnung gilt per sofort.“ Mariangela und Marco waren es sich gewohnt, dass solche Erlasse immer erst ab der Folgewoche in Kraft traten. Aber per sofort? Die Lage musste ernst sein. Sehr ernst. Kurz darauf standen sich die beiden gegenüber, noch immer nackt, aber mit Mundschutz. Mariangela war die Erste, die losprustete.

„Ehm… ja… ich weiss… er ist nicht riesig… aber auszulachen brauchst Du mich deswegen nicht“, sagte der errötende Marco. „Oh nein, darum geht es nicht, entschuldige…“ Mariangela gluckste. „Es ist nur… ich habe mir gerade vorgestellt, was jetzt gerade abgeht. Schweizweit. Möglicherweise sogar weltweit. Millionen von Menschen stehen, sitzen oder liegen sich jetzt mit Mundschutz gegenüber. So was von bizarr…“ Das konnte Marco nachvollziehen und stimmte ins Gelächter mit ein.

Dann starrte er gebannt auf den Balkon gegenüber. Einer der Bewohner machte sich daran, das Geländer zu überklettern. Er hielt sich am Eisengerüst fest und wirkte, nackt und nur mit Socken bekleidet, wie ein Stunt aus einer französischen Komödie. Etwa, wenn sich ein Liebhaber auf den Hotelbalkon flüchtet, weil der Ehemann früher als angekündigt von der Geschäftsreise zurück ist und ahnungslos das Schlafzimmer betritt, seine Frau mit glänzenden Augen vorfindend. Und in der Annahme, ihre Augen würden wegen seines unerwarteten Erscheinens glänzen. Dem Liebhaber bleibt in einem solchen Fall nichts anderes übrig, als sich übers Balkongeländer zu schwingen, weil die meisten schauspielernden französischen Ehemänner irgendwann auf den Schlafzimmerbalkon hinaustreten, um sich eine Zigarette zu genehmigen.

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