Es ist nun halb eins und wir sind die Letzten. Wie kommst du heim, fragt er. Vor zwei Jahren habe ich noch ängstlich abgelehnt, dass er mich nach Hause fährt, aus Angst vor etwas, das geschehen könnte. Heute nehme ich gerne an. Wir gehen zum Parkhaus des Hotels Mandarin Oriental. Er hat ganz oben geparkt, im siebten Stockwerk. Dort oben ist es total leer. Wir können in die Fenster des Luxushotels gegenüber schauen. In einigen Zimmern ist Licht, doch kein Mensch zu sehen.
Es ist kalt hier oben und ich umarme ihn, ich schiebe meine Hände unter seinen Mantel und stelle mich auf die Zehenspitzen, um an seine Lippen zu kommen. Wir haben eindeutig den Mindestabstand unterschritten und ich küsse ihn. Er öffnet die etwas zittrigen fremd gewordenen Lippen, wir küssen uns inmitten dieser leeren Lockdown Stadt. Ich schiebe mich näher an ihn und nehme seine Hand, führe sie zu meinem Busen unter dem engen roten Kleid von damals, es ist leicht herunterzuschieben und mein Busen erstarrt fast in der Kälte auf dem Parkhausdach, doch es ist auch wunderbar, seine Hand darauf zu spüren. Eine Hand, die mein Herz öffnet. Nein, mein Herz ist schon lange offen, dadurch, dass wir den ganzen Abend gelacht haben. Wir sind hier oben total allein, es ist etwa fünf Grad kalt, aber uns wird heiß. Ich öffne seinen Hosengürtel und hole etwas heraus, das ich 13 Jahre lang nicht gesehen und gespürt habe. Es ist hart und muss hier fürchterlich frieren.
Wir schauen in die erleuchteten Zimmer des Hotels nebenan. „Da kriegen wir heute sicher ein Zimmer zum Sonderpreis!“ sage ich. Reisebeschränkungen, keine Touristen, Sperrstunde, kein Alkohol, die Lichter im ersten Stock, wo die Bar ist, längst gelöscht – alle Hoteliers sind mit den Nerven und den Finanzen am Ende.
„Komm, wir gehen rüber und mieten ein Zimmer“, sage ich.
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