Der Lockruf des Leibes

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Der Lockruf des Leibes

Der Lockruf des Leibes

Desdemona

Samstagnacht. "Rauchen verboten!" mahnt ein Schild an der vergilbten Wand. Obwohl inzwischen in den Bars offiziell kein Tabak mehr in die Lungenflügel gepresst werden darf, kann man die Schrift durch die dicken Nebelschwaden, die aus unzähligen Glimmstengeln aufsteigen, kaum erkennen. Katzenartig streift Coras Blick die Meute, während sie mit Kiki spricht. Französische Chansonfetzen schwirren zwischen Köpfen, Stimmen und Spül-geräuschen umher.

"Einen Ce Ce Jean Mare", ordert sie beim Tresenmann.

Der Alte ist Chef im Ring seit über 20 Jahren. Nacht für Nacht steht er in einer Melange aus Menschenschweiß, Tabakrauch und Methanoldunst.

"Kommt sofort, Madame!", erwidert der Glatzkopf nonchalant.

Die Tür hat einen neuen Schwung Amüsierwilliger in die Bar geschwappt. Cora checkt ab, ob einer der Männer eine Mahlzeit abgeben könnte. Fehlanzeige, kein hungriger Blick schweift umher, die Gruppe bleibt unter sich. Eine Mauer aus fremdem Einvernehmen, nicht zu durchdringen.

Es ist so eng geworden, dass man die Nähe der Männer im Vorübergehen fühlen mußte. Cora wendet sich wieder Kiki zu, einem blassen, dünnen Mädchen ohne nennenswerten Busen, mit der sie gekommen ist. Kiki ist es gewohnt, beim Stillen von Coras Jagdtrieb zu helfen und hält eifrig nach erlegbarem Wild Ausschau. Die Silberlocke, die wie an manchem Abend zuvor am anderen Ende der Theke in Gespräche vertieft ist, nimmt flüchtig Notiz, wendet sich ab. Keine Chance, ihn auf die Speisekarte zu bekommen.

Nach Eins dünnt der Strom aus, nur noch einzelne Pärchen, zwei Freundinnen, intellektuelle Labertaschen, etwas Jungvolk. Zeit zu gehen. Cora und Kiki umarmen sich zum Abschied, ehe jede in eine andere Richtung in die Nacht davon huscht.

Im U-Bahnschacht kündigt ein Luftschwall den herandonnernden Zug an. Cora steht in ihrem bodenlangen Mantel nahe am Gleis. Sie drückt den Hydraulikknopf. Mit einem Fauchen fahren die Türen auseinander. "Zurückbleiben!", warnt die sonore Frauenstimme. Nach einem schrillen Klingeln rattert Wagen um Wagen in die Dunkelheit.

Da sieht sie ihn, Ende Vierzig, schwarzes Haar, weiße Strähnen, von Furchen durchpflügt das Gesicht, nicht zu viele, nicht zu tief. Die Augen wach, hell und klar. Er bemerkt ihren Blick, erwidert ihn nicht. In der Scheibe treffen sich die Augenpaare. Der Zug durchrumpelt den Tunnel, der nächste Bahnhof kommt in Sicht, dann der Übernächste. Der Unbekannte erhebt sich. Er zieht den Reißverschluss der schwarzen Lederjacke zu. Die dunkle Jeans sitzt eng, ein Stiefel wippt goodbye. Cora folgt ihm, es ist auch ihre Station. Ihr Mantel weht.

Am U-Bahn-Ausgang wartet sie. Seine Silhoutte verschwindet in Richtung Schloss. Sollte er tatsächlich in Coras Viertel wohnen? Sie hat ihn zuvor noch nie gesehen. Zügig entfernen sich seine Schritte. Die Mondsichel wirft ihr kaltes Licht in die Nacht. Eine ältere Frau folgt ihrem Hund zu einer Kastanie. Unbekümmert hebt das Tier sein Bein, die Rute erwartungsvoll aufgerichtet und ergießt seinen Strahl ans Holz. Der Fremde geht mit entschlossenen Schritten. Nach Hause, wo einladend-üppig die bettwarme Frau schläft? Allein, ins fahle Laken? Vor die Verdummungsmaschine, dazu ein Dosenbier? Cora registriert überrascht, dass er die Oro-Bar ansteuert. Ein Zufall? Ein bedeutungsschwerer Fingerzeig? Sie beschließt, ihrem Schicksal auf die Sprünge zu helfen und öffnet behänd die Tür, durch die er soeben eingetreten ist.

Dschingis sieht sie von weitem. Es ist die Frau im schwarzen Mantel, die ihn in der U-Bahn so herausfordernd angesehen hat. Was will sie? Warum ist sie ihm in die Bar gefolgt? Das kann kein Zufall sein. Dschingis glaubt nicht an Zufälle, seit jenem Tag vor beinahe 20 Jahren, als er völlig pleite und abgebrannt durchs novembergraue Berlin streunte und ihm plötzlich vom regennassen Asphalt ein Hunderter entgegen wehte.

Er steht auf und geht zur Toilette. Beim Hinausgehen spürt er ihre Blicke auf seinem Allerwertesten. Müde lässt er seinen Hintern in die Kloschüssel plumpsen. Sonst pinkelt er im Stehen, aber die Nacht hat ihn erschöpft. Mit 48 ist man eben nicht mehr jung. Er kennt sie seit zwei, drei Monaten. Einmal die Woche treffen sie sich zum Ficken, meistens in ihrer Wohnung. Nicht, dass er etwas zu verbergen hätte. Seit damals lebt er allein. Er schätzt die Einsamkeit. Was kann er dafür, dass sich die Frauen mehr erhoffen. Diese Kleine da, Jaqueline, hat ihn ausgekocht, ausgelutscht bis in die letzte Pore seines Seins, hat den letzen Tropfen Sperma aus ihm herausgevögelt.

Wie er dem Geschmack der letzten beiden Stunden nachspürt, entweicht eine dicke Ladung Kot seinem Darm, hat sich den Weg durch das dunkle Labyrinth aus Schleimhaut gebahnt um schließlich mit einem lauten Furz in die Schüssel zu fallen. Schläfrig säubert er sich. Jetzt wird er mit ein, zwei Bierchen den Geschmack von Jaquelines Möse runterspülen, dann nach Hause, ins Bett.

Doch als Dschingis den Raum betritt, hat sich die Lage grundlegend gewandelt. Die fremde Frau sitzt mit provozierend gespreizten Beinen vor ihm und grinst ihn frech an. Junge, Junge, denkt er, hat sich doch gelohnt, die Schnalle ohne Mantel serviert zu kriegen. Sie trägt ´nen Vorbau spazieren, der sich den Gesetzen der Schwerkraft zu widersetzen scheint, so üppig und aufreizend, wie er ihm entgegen prangt. Ihre Brüste scheinen ihn geradezu anspringen zu wollen. Himmel! Er möchte seine Finger in ihr weiches Fleisch graben, ihre rosig schimmernde Warze blinkt wie eine Wildkirsche im Frühlingslicht vor seinem nunmehr lustgeschwängertem Hirn.

Coras tanzende Pupillen funkeln ihm entgegen. Er grinst schüchtern, bleckt die Zähne, schiefer Mund. Lässig gibt er dem Barkeeper ein Zeichen.

"Was darf´s sein?"

"Nen Bierchen für mich und fragen Sie die Lady da drüben, was sie trinken möchte!"

Als ihr Creme de Cassis serviert wird, schnappt sie sich das Glas mit der ganzen Hand, ihr rechter Zeigefinger tunkt im Alkohol.

Wie ich sie so auf mich zukommen sehe, wird mir einen Moment schwindelig. Da steht sie, ihre Titten wackeln vor meinen Augen wie Bojen, und sie leckt doch tatsächlich ihren Finger ab, der eben noch im Glas steckte. Dabei sieht sie mich an mit einem Blick, als würde eine Schlange ein Kaninchen zu hypnotisieren versuchen. Und ihre Lippen formen ein Lächeln. Dieses Lächeln ist eine Einladung. Ich schwör´s euch, solche Lippen können einen Mann trunken machen. Dick wie Autoreifen.

"Hi! Danke!", sagt sie zu mir.

"Nichts für ungut!“, sag ich zu der Kleinen. „Ist ja auch nen schöner Anblick", und guck ihr direkt ins Dekollete, ohne recht mitzukriegen, wo ich meine Augen hab. Sie hat´s natürlich gerafft. Die Weiber wissen immer, wie sie dich kriegen.

"Na, Sie würde ich auch nicht von der Bettkante schubsen!", sagt sie doch glatt zu mir, das freche Stück. Die will es aber wissen, denk ich noch.

Ich grinse wie der letzte Vollidiot, fühle mich geschmeichelt. Kommt ja auch nicht alle Tage vor, dass die Weiber so aufs Ganze gehn.

"Zu welcher Bettkante sollen wir uns denn begeben?“, kann ich grad noch fragen. Hoffentlich schlägt sie vor, zu mir zu gehen. Da kann ich mir erst mal ´ne saubere Unterhose schnappen, vorher unter die Dusche springen und mich ´nen bisschen regenerieren. Bin schließlich nicht mehr der Jüngste. Aber Scheiße, man, die Götter sind gegen mich.

"Ich wohne um die Ecke.", rückt sie raus mit der Sprache.

Und ich leergevögelt, obendrein wahrscheinlich ne fette Bremsspur in der Hose. Scheißegal, was solls. Soll sie mal sehen, wie sie fertig wird.

„Na dann, Lady. Lets go!“, winke ich dem Tresenmann. Dann tappe ich ihr hinterher in ihre Bude.

„Machs dir bequem, fühl dich ganz wie zu Hause!“, sagt sie und verschwindet im Bad. Spitze, denk ich, wenn sie erst duschen will, wird sie sicher nichts dagegen haben, wenn ich das Selbe tue. Nachher lasse ich die eingesaute Unterhose in der Jackentasche verschwinden. Ich guck mich in der Wohnung um, solange das Wasser rauscht. Was für ein Unterschied zu Jaqelines Kitsch und Plunderkram. An der Wand gegenüber der Couch hängt ein riesiger weiblicher Akt ohne Kopf, üppig und prall. Ob sie das ist? Na, mit dem Maler wird sie bestimmt auch gevögelt haben. Nicht von schlechten Eltern, Mann oh Mann. Das dir so was immer noch passiert, Dschingis. Müssten doch langsam mal Ruhe geben, die Weiber. Gibt doch Jüngere als mich, die sehen besser aus, haben Geld wie Heu, quatschen die Bräute voll, umgarnen sie vor dem Vögeln mit ihrem Charme, bis ihre Mösen von alleine zu tropfen anfangen.

Die Dusche ist verstummt. Da kommt sie angeschwebt, mit nem knappen Handtuch um Titten und Arsch gewickelt. Heiliger Bimbam!

„Okay“, sag ich, „Ich verschwind dann auch mal kurz, wenn du gestattest.“

Boah, tut das gut jetzt! Ich rubbel meinen Pimmel gründlich sauber, spüle mir den letzten Rest Jaqueline vom Körper, raspel mir die Poren blank, die Zähne putz ich mir auch ein bisschen mit ihrer Zahnbürste. Ihre eigene kann das nicht sein. Auf der Konsole steht so nen neumodisches elektrisches Ding, ich schnappe mir eine von den Handzahnbürsten aus dem Becher daneben, wer weiß, für wen sie dieses Arsenal bereithält… Na, mir solls egal sein, Kondome wird sie ja wohl haben, wer weiß, wie viele Schwänze da drüber rutschen, so wie die drauf ist.

Als ich zurück bin aus dem Bad läuft irgend so ein Erotikgedudel in der Anlage, sie ist im Bett, das Licht hat sie gedimmt und sich saftig hindrapiert in ihrer Reizwäsche. Die eine Wand ist ganz mit Spiegelfliesen beklebt, ich sehe ihren üppigen Leib gleich doppelt. Ich näher mich ihr mit meinem Pimmel, der schon halb aufgerichtet ist. Man, sind das Titten. Ich greife mit beiden Händen zu, lasse die Warzen zwischen meinen Fingern hin und her wackeln. Sie stöhnt lüstern auf. Schon schnappt sie sich eine Hand von mir und schiebt sie zwischen ihre Beine. Mit der anderen fängt sie an, meinen Schwanz zu massieren, dass es mir schwindelig wird. Lüstern gleiten ihre Hände nach hinten, zu meinen Eiern. Göttlich. Mein Schwanz ist stramm und dick und heiß, das Blut pulsiert wie wild. Nicht zu glauben, dass er zwei Stunden nach Jaqueline schon wieder auferstanden ist. Aber er pocht sich zu seiner vollen Größe, ich schwörs euch! Im Spiegel seh ich, wie sie mit ihrer sanften, rosafarbenen Zunge
drüber schleckt. Meine Eichel leuchtet wie ein Julisonnenaufgang. Verzückt erlebe ich das Spiel, dass mir geboten wird. Gleichzeitig fühle ich, wie ihre warme, weiche Mundhöhle mein bestes Stück umschließt. Dann seh ich wieder den Glanz meines Leuchtturms. Ihre schlanken Finger spielen gekonnt mit den Eiern. Und diese langen Fingernägel, so reizvoll, wie wenn ein Rasiermesser dir sanft über die Kehle fährt. Ich fühle, dass ich im nächsten Moment heftig zuckend in ihrem Mund kommen werde.

Da hält sie mich auf, drückt mir einfach so die Eichel zusammen, dass es eklig weh tut. Teufel auch! Ich rase, klopfe, poche, wähne mich eiskalt abgewürgt. Endlich lockert sie ihren Griff. Sie reckt mir ihren Arsch entgegen und ich seh das rosa Fleisch ihrer Schamlippen in Großaufnahme vor mir. Langsam und genüsslich versenke ich meine Eichel in ihrer Grotte, ihre Möse schmatzt und trieft und sie stöhnt dazu, dass mir Hören und Sehen vergeht.

Es gibt nichts Besseres, als von einer Muschi in die nächste zu tauchen. Sie ist älter als Jaqueline und fülliger. Jäckies blasse Haut mit den blau schimmernden Adern am Hals. Ihr feingliedriger Leib, ihre enge, trockene Möse. Sie will nie nen Vorspiel, zerrt mich immer direkt auf sich. Kalt wie nen Fisch bleibt sie. Aber ehrlich, das macht mich an. Je frigider sie tut, desto härter ficke ich sie. Die hier ist das ganze Gegenteil. Sie lässt mir keine Zeit, diktiert einfach das ganze Geschehen, wendet sich um, geschmeidig wie eine Katze. Jetzt ficke ich sie seitlich hinter ihr liegend, mit einem Finger reibe ich ihr die Klitoris bis sie glüht, mit der andern Hand massiere ich ihre Brüste. Im nächsten Augenblick knie ich vor ihr, stecke tief in ihr drin und reite meinem Ziel entgegen. Noch einmal innehalten, abwarten, verpochen lassen. Mit der nächsten Welle will ich es aus mir rausspritzen lassen. Gerade setze ich neu an. Ja, ist das gut. Ich kann schon die Samenfäden in meinen Hoden kitzeln und tanzen fühlen.

Doch, Scheiße, verdammte! Was ist das? Wir werden unterbrochen von einer nur allzu vertrauten Melodie. Diese Scheißmelodie, die seit Wochen mein Leben diktiert. Die Klinik ruft an. Es ist mitten in der Nacht. Also muss es dringend sein. Sollte es so schnell vorbei sein mit ihr? Was sie macht, das macht sie gründlich, die alte Schachtel. Erst vor einem halben Jahr haben sie die Metastasen in ihrer Lunge gefunden. Von da an hat sich ihr Zustand rapide verschlechtert, inoperabel, Allgemeinzustand zu geschwächt für eine neue Chemo oder Bestrahlung. Bedenken Sie, ihre Mutter ist 78 Jahre alt, haben die Weißkittel gesagt. Klar man, AOK-versichert, der Aufwand lohnt nicht, ich weiß doch bescheid. Gleichgültig nehme ich ihr Todesurteil entgegen. Aber eins habe ich ihr geschworen: In ihren letzten Stunden, da werde ich sie nicht alleine lassen mit den Todesengeln, kaltherzigen Nachtschwestern und neunmalklugen Assistenzärzten.

„Spreche ich mit Herrn Achilos?“

„Ja höchstselbst. Hat sich ihr Zustand verschlechtert?

Die Stimme am Telefon geht mit keiner Silbe auf das Gesagte ein.

„Bei uns wurde eine Frau Jaqueline Möser eingeliefert. Sie ist momentan nicht bei Bewusstsein. In ihrer Handtasche haben wir ihre Visitenkarte gefunden.“

„Ja, ich komme sofort“

„Sorry Süße! Ich muss tun, was ein Mann tun muss“

Cora bleibt verdutzt zurück, sie fühlt noch das Zucken der Erregung in ihrer Grotte, vergessen ist ihre Absicht, ihn nach dem Liebesakt auf Nimmer wieder sehen zu verabschieden, wie sie es sonst tut. Denn Cora liebt nur die Jagd, nicht aber die Beute.

Doch diesmal ist es anders. Wenn ihr das Opfer einen Strich durch die Rechnung macht, ändert sie das Programm:

„Und, sehen wir uns wieder?“, stammelt sie benommen.

Statt einer Antwort hinterlässt Dschingis eine von seinen Visitenkarten auf der Kommode im Flur und taucht ab in die Nacht.

Wie hasse ich diese aseptische Atmosphäre, das kalte Neonlicht, die schwingenden Pendeltüren, das eklige Grün ihrer Krankenhauskluft. Mürrisch wende ich mich an die Nachtschwester in der Notaufnahme.

„Möser, Jaqueline. 23 Jahre alt, ledig, keine Angehörige. Sie wurde vor vier Stunden eingeliefert. Touristen haben sie unter einem Baum im Monbijoupark gefunden. Sie muss sich selbst die Pulsadern aufgeschnitten haben. Da der Sachverhalt nicht klar war, haben wir die Polizei verständigt. Die haben eine Blutentnahme angeordnet. Die Blutalkoholkonzentration betrug 2,1 Promille.“

„Kann ich zu ihr?“

„Sie schläft jetzt. Sind Sie ein Angehöriger?“

Ich zögere einen Moment. Scheiße, was geht dich dieses kleine Luder an. Hab ich mir immer gedacht, dass sie nicht alle Steine auf der Schleuder hat und irgendwann nen beschissenes Theater aufführt. Dann siegt der Samariter in mir.

„Ich bin ihr Verlobter.“, hör ich mich selber sagen und kanns kaum glauben.

„Also gut, kommen Sie!“

Wie ich sie so daliegen sehe, blass und dünn und schwach, friedlich wie nen Kind in ihrem Schlaf, hab ich sie fast lieb. Ich weiß nicht, wie lange ich geschlafen hab. Irgendwann ist es Morgen. Die Frühschicht kommt reingerauscht. Bettenmachen, Pulsmessen und der ganze Kram.

„Kleine, ey, Jäcki, was machst´n für nen Scheiß?“

Sie guckt mich an, als wär sie nicht von dieser Welt. Guckt mich an und auch wieder nicht. Guckt durch mich hindurch, als ob ich gar nicht da wäre. Versteht ihr, was ich meine?

Das alles ist jetzt vierzehn Tage her. Bin jeden Tag nach der Arbeit in die Klinik gewetzt. Ich hab ne Halbtagsstelle beim ZDF. Ich produzier das Nachtmagazin „Quantus“. Kennt kein Schwein. Ist mir auch egal. Die mussten mich nehmen wegen Behindertenquote. Seit dem Magendurchbruch vor fünf Jahren bin ich 50% schwerbeschädigt. Na ja, hat mir nicht geschadet, würd ich sagen. Die Weiber findens interessant, die riesige Narbe quer übern Bauch.

Fünf Tage hat Jäcki gebraucht, ehe sie rausgerückt ist mit der Sprache.

„Ich bin schwanger“, hat sie aus heiterem Himmel zu mir gesagt, als ich so an ihrem Bett rumsitze und ihr schmales Kinderhändchen tätschel. Ich dachte, jemand hat mich aus Versehen an die Starkstromleitung angeschlossen. Bis in die letzte Haarwurzel ist mir der Schock gefahren. Hab schon mal meinen Text geübt.

„Bist du sicher, dass es von mir ist?“

„Ach du Scheiße!“

„*?! Pfzzz!“

Nach ner Weile krieg ich mit, dass es hier gar nicht um mich geht. Ihr ist das so ziemlich scheißegal, ob ich nun der Vater von dem Balg bin oder nicht. Sie hat noch nicht mal ne Sekunde drüber nachgedacht, mit mir ne Familie gründen zu wollen. Na ja, ist wohl auch besser so. Ich bin wohl nicht der geeignet Typ für so ne Nummer.

Was soll ich sagen? Das Leben geht weiter. So ist das eben. Jetzt fick ich jede Woche mit der rothaarigen Schlampe aus der Oro-Bar. Und meine Mutter, das alte Luder, hat sich, wie´s scheint, arrangiert mit ihren Metastasen.

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Gedichte auf den Leib geschrieben