Das Löchlein

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Das Löchlein

Das Löchlein

Anita Isiris

Unsere Anti-Justine 2018 hat einen Chef. Nennen wir ihn Cupidus, den Begierigen. Der Höhepunkt seiner täglichen Arbeit sind Neueinstellungen, die er zelebriert, als wären es Castings. Er gibt den Chef am breiten Mahagony-Pult und geniesst es über alle Massen, wie sich die Job-Anwärterinnen von der besten Seite zeigen. «Beste Seiten» sind für Cupidus grosse Brüste, ein ausladender Hintern, und mindestens schulterlanges Haar. Cupidus ist ausgesprochen feminophil veranlagt. Er versteht sich als Frauenversteher und wird, vor allem von naiven Verkäuferinnen, auch als solcher wahrgenommen. Sein Lieblingsort ist die klimatisierte Damen-Schuhabteilung, wo er ab und an auch selber Hand anlegt. Immer diese bunten, knappen Slips, wenn sich eine Kundin ungeschickt nach vorne bückt, verdammt! Cupidus, der Schuhverkäufer, hat eine lebhafte Phantasie und stellt sich diese Frauen ohne Höschen vor. Nur der knappe Mini, darunter der pralle Arsch, und dazwischen eine geile, unwiderstehliche Ritze.

Oh, und Cupido zögert nicht. Er hat es mit sehr entspannten, unkomplizierten Mitarbeiterinnen zu tun, die nichts gegen einen Gelegenheitsfick mit ihrem Chef einzuwenden haben. Nur Anti-Justine 2018 ist «keine von denen». Sie stammt aus einem eher strengen Elternhaus und ist sehr behütet aufgewachsen. Sie weiss um ihre körperlichen Reize, klar, und sie spielt auch mit ihnen. Aber gleich ein Fick im Besenkämmerchen, mit dem Boss… für Anti-Justine undenkbar. Und es ist genau diese kühle Distanz, die Cupido reizt. Er mag es im Grunde nicht, wenn sich ihm Frauen offensichtlich unterwerfen, seinen Schwanz lutschen und grosszügig ihre schweren Titten freilegen. Er liebt die Koketterie, das Verschämte, das Unnahbare. Cupido verliebt sich in Anti-Justine 2018, und zwar rasend. Er steht an der Kasse, sortiert Schuhkartons… und hat nur Augen für die gebückte weibliche Gestalt, die die Regale neu sortiert. Was für ein Arsch! Siedendheiss kommt er auf die Idee mit den Arbeitsuniformen. Bisher konnten seine Verkäuferinnen in ihren individuellen Klamotten arbeiten. Cupido ist es nicht erlaubt, eigene Regeln einzuführen. Er ist ja mit seinem Schuhladen nur Teil eines Grossverteilers. Also stellte er einen Antrag, argumentiert mit der Hygiene und mit einer gewissen «Corporate Identity», die sich positiv, im Sinne eines Wiedererkennungswerts, auf die Kundschaft auswirken sollte. Cupidos Antrag wird umgehend bewilligt, und er verbringt lange Nächte zuhause auf der Veranda, bei kühlem Bier und beim Durchblättern von Modezeitschriften. Endlich findet er die Busen- und Arschbetonende Deux-Pièces-Kollektion – elegant, kostspielig, aber sterbensgeil.

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