Luna

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Gedankenverloren starrte Herr Berger auf ihre cremefarbenen Pasito-Schuhe. Wieso trugen so viele farbige Frauen cremefarbene Schuhe?
Die Weißen bevorzugten schwarzes Schuhwerk, das war eindeutig, galt als elegant... aber Frauen wie Luna?
In der Küche war wegen der Dunkelheit nicht viel zu erkennen; lediglich eine endlose Batterie von Gewürzen. Ob sie sich überhaupt zurecht fand im großen, kalten Deutschland? Der Beschützerinstinkt in Herrn Bergers Innerem begann sich zu regen.
Luna war eine selbstbewusste Frau – das spürte er. Die Vorstellung, sie sei hilflos und auf Männer wie ihn angewiesen, versetzte ihm einen intensiven Kick. Dann richtete Luna zwei völlig verschiedene Kaffeetassen, klaubte drei Stück Würfelzucker aus einer Dose und legte sie aufs Servierbrett.
„Wir gehen nach drüben“, lud sie Herrn Berger ein. „Drüben“ war nun wirklich ein Loch. Eine riesige Matratze bedeckte den Boden; drei Voodoo- Puppen standen in einem ansonsten leeren Regal. Dem tiefreligiösen Herr Berger stockte der Atem.
„Teufelsfrau?“, dachte er bei sich. „Darf ich überhaupt...“, aber das Blut in seinem Kopf rauschte und hinderte ihn am Denken. Luna setzte das Serviertablett auf der Matratze ab. Erst jetzt entdeckte Herr Berger, dessen Augen sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt hatten, die riesigen Bilder, die die Wände bedeckten. Es waren Ritualbilder; mit unzähligen Menschen darauf. Diese Menschen waren nackt, irgendwo glomm Feuer; Knochen waren zu sehen, Naturgewächs und bizarre Tiere.
Würde Luna mit ihm schlafen? Mit einem Mal war ihm mulmig zumute. Dann starrte er auf Luna. Diese zog ein langes Messer unter der Matratze hervor und begann, ihren Pullover damit aufzuschneiden. Es gab ein unangenehmes ratschendes Geräusch – aber bevor Herr Berger darüber nachdenken konnte, stand Luna mit blitzendem Gebiss und nacktem Oberkörper vor ihm.

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