Der Lustbeamer - Teil II

Im Hotel

4 13-21 Minuten 0 Kommentare
Der Lustbeamer - Teil II

Der Lustbeamer - Teil II

Yupag Chinasky

Ihr eigenes Verhalten war ihr unbegreiflich. Wie konnte es geschehen, dass diese irrsinnigen Lustgefühle sie ganz plötzlich und ohne jeden Anlass überfielen? Es war doch gar nichts geschehen, rein gar nichts. Sie hatte ganz friedlich in diesem Café gesessen, wie schon Dutzende Mal zuvor, hatte ein Glas Wein getrunken und sich überlegt, was sie mit diesem langweiligen Tag anfangen sollte. Dann urplötzlich, wie aus dem Nichts, hatte sich ein Gefühl eingestellt, das sie nur zu gut kannte. Sie war kein Unschuldslamm und der Ablauf eines Orgasmus mit allen Vorstufen und Nachwirkungen war ihr bestens vertraut. Genau dieses Gefühl war in ihr aufgekommen. Es war nicht einmal unangenehm gewesen, denn sie schätzte diesen Kick, sonst würde sie ihn nicht immer wieder suchen, sonst würde sie nicht immer wieder hier herkommen, in dieses Café, um Männer zu treffen, die ihr diese Lust verschafften. Sie war hergekommen, weil es an der Zeit war, mit jemandem erst zu flirten und dann mit ihm in das Hotel zu gehen. Sie war wählerisch, es sollte schon einer sein, der sie einladen und ihr ein großzügiges Geschenk machen würde. Da konnte sie sich auf ihren Instinkt, auf ihre Erfahrung verlassen. Wieviel Tage war sie nun schon abstinent? Eine kleine Ewigkeit. Sie musste unter dem Strich auch auf ihre Kosten kommen, sie konnte es sich nicht leisten, ganze Nachmittage zu investieren, ohne dass etwas für sie abfiel, etwas Zählbares, nicht nur ein Glas Schampus.

An diesem Nachmittag hatte sie noch keinen Mann gesehen, der ihr gefallen hätte, den sie aufmunternd hätte anschauen können. Stattdessen kam dieses Gefühl, wie aus heiterem Himmel, so plötzlich und grundlos hatte sie es noch nie erlebt. Erst war da nur ein Kribbeln im Bauch, dann hatte sich ihr Unterleib förmlich zusammengezogen, die Brüste schmerzten, sie fühlte, wie die Brustwarzen anschwollen und gegen die festen BH-Körbchen drückten. Ihr Atem ging stoßweise, ihr Herz begann zu rasen. Ein Schwall von Feuchtigkeit hatte ihren Unterleib verlassen, sodass sie schon glaubte, sie habe unwillentlich gepinkelt. Ein wirklich irrsinniges Lustgefühl hatte ihren Körper durchflutete, ganz ohne Vorbereitung, ganz ohne Stimulation. Sie hatte sich kaum noch auf dem Stuhl halten können, musste ihren Hintern dauernd bewegen, um nicht durchzudrehen. In ihrem Handspiegel hatte sie gesehen, dass sie ganz bleich geworden war und Schweißtropfen auf der Stirn standen. Sie war rasch auf die Toilette geeilt, um sich frisch zu machen, sich zu entspannen und nachzudenken, was eigentlich mit ihr los war. Ihr Gesicht im großen Spiegel war eine Mischung aus freudiger Erwartung und purer Angst, bleich und schweißnass und ihr Slip, den sie nun kontrollieren konnte, war völlig durchnässt. Während sie noch ungläubig in den Spiegel starrte, legte sich dieses seltsame orgiastische Gefühl fast so rasch, wie es aufgekommen war. Sie wusch sich, schminkte sich neu, ging zurück und setzte sich wieder auf ihren Platz.

Vielleicht war alles nur ein Traum, eine Einbildung gewesen. Sie trank einen Schluck. Der Wein tat ihr gut, sie merkte, dass sie sich entspannte. War vielleicht etwas in ihrem Glas? So etwas wie positive k.o.-Tropfen, die einen nicht in Schlaf versetzen, sondern aufgeilen? Bevor sie diesen Gedanken fortführen konnte, kam eine neue Welle und durchflutete sie noch intensiver. Heiße Wallungen stiegen auf und flachten wieder ab. Sie musste ihren ganzen Willen aufbieten, um nicht in orgiastische Zuckungen zu verfallen, konnte aber nicht vermeiden, wieder unruhig auf ihrem Stuhl herumzurutschen. Am liebsten hätte sie sich in den Schritt gefasst oder zumindest ihre Brüste berührt und sich selbst befriedigt, nur um diese unglaubliche Spannung abzubauen. Während sie hilflos ihren Gefühlswallungen ausgesetzt war, hatte sie auf einmal das Gefühl, als würde sie hypnotisiert, als reagiere sie nur noch wie eine Marionette. Der Marionettenspieler musste ganz in der Nähe sein, das fühlte sie instinktiv. Dann waren die Wellen so rasch vorbei, wie sie gekommen waren. Sie atmete auf und schaute sich um, erst verstohlen, dann ganz offen. Wem unter den Anwesenden würde sie eine solche seltsame Fernwirkung zutrauen? Das Café war um diese Zeit nur mäßig besetzt. Sie sah niemanden, der infrage gekommen wäre. Ein Pärchen knutschte in einer Ecke, zwei Frauen unterhielten sich lebhaft, ein alter Mann hatte den Kopf auf seine Unterarme gelegt und schien zu schlafen, ein mickeriger Typ bearbeitete sein Handy. Sie ärgerte sich, weil sie den Urheber ihrer Gefühle nicht erkannte, aber immer deutlicher spürte, dass ein Mensch da war, der sie manipulierte, aber wer, aber wie und warum?

Sie fühlte sich schon fast wieder normal. Ihr Atem ging wieder regelmäßig, das Herz raste nicht mehr Sie bestellte noch ein Glas Wein und versuchte sich weiter zu entspannen und in Ruhe zu überlegte, was sie jetzt machen sollte. Gehen oder bleiben? Wohin gehen? Außerdem war diese Welle, dieses intensive Glücksgefühl ja alles andere als unangenehm gewesen. Es war die pure Lust, die Vorstufe zu einem intensiven Orgasmus oder war es schon ein Orgasmus? Eine neue, bisher unbekannte Variante? Es gab keinen Grund, zu fliehen, im Gegenteil, jetzt, nachdem sie sich wieder beruhigt hatte, wurde sie neugierig und wollte wissen, was mit ihr los war. Vielleicht war es doch nur eine Art Kollaps ihres Hormonhaushalts gewesen. Oder, welch furchtbare Vorstellung, der Beginn der Wechseljahre. Aber dazu war sie doch noch viel zu jung mit Anfang 40. Sie hatte auch noch nie gehört, dass diese Umstellung mit soviel Lust verbunden war. Das konnte eigentlich nicht sein, man hörte doch, dass die Lust dann deutlich abnahm, bevor sie schließlich ganz verschwand. Vielleicht war es noch ein letztes Aufbäumen, eine letzte unbewusste Gegenreaktion ihres Körpers. Diese Vorstellung war absolut schrecklich, aber es blieb ihr erspart, sie zu Ende zu spinnen, denn die orgiastische Heimsuchung begann erneut in ihr zu toben, noch mächtiger, noch intensiver als die beiden vorherigen Male. Kurze Phasen zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, wechselten sich nun rasch ab. Mal packte sie die reine Euphorie, dann übermannte sie die pure Verzweiflung. In all diesem Chaos der Gefühle war sie sich nur einer Sache sicher. Es gab einen Auslöser und der war ganz in ihrer Nähe. Ob es nun Wellen oder Strahlungen waren oder eine intensive Hypnose, das Unheil kam aus der Richtung, wo der Mann saß, der immer noch an seinem Handy herumfummelte. Sie hatte auf einmal das Gefühl, dass dieses unscheinbare Ding, dieses Allerweltgerät, wie es Millionen Menschen besaßen und ständig nutzten, auf sie gerichtet war, wie eine Pistole, wie ein Laserpointer, wie ein Beamer. Und während es in ihrem Unterleib weiter zuckte, die Innereien sich zusammenzogen, die Brüste anschwollen, die Säfte erneut strömten, so dass sie fürchtete, ihr Kleid würde nass und die Flecken sichtbar, während ihr Atem wieder raste und ihr Herz hämmerte, wurde sie von diesem Typ mit seinem Handy magisch, nein geradezu magnetisch angezogen. Dieser verdammte Typ riss sie förmlich von ihrem Stuhl, zog sie durch den Raum, trieb sie die wenigen Schritte bis zu seinem Tisch. Irgendwie erleichtert setzte sich auf einen Stuhl, ihm direkt gegenüber und alles, was dann geschah, erlebte sie fast wie im Tran oder wie in einem feuchten Traum.

Der Mann schaut sie fragend, aber keineswegs unfreundlich an und steckt das Handy in die Tasche. Er will damit wohl zeigen, dass er Zeit für sie hat. Es entgeht ihm offensichtlich nicht, wie sehr sie leidet, das ist zu eindeutig. Sie scheint völlig ratlos zu sein. Erst bringt sie kein Wort hervor, und als er sie fragt, ob er ihr helfen könne, nickt sie nur, und als er weiter fragt, womit und wie, wird sie rot vor lauter Verlegenheit und sagt noch immer kein Wort. Scheinbar gelassen und leicht amüsiert lächelt er sie an. Sie solle doch einfach sagen, was sie auf dem Herzen habe, er benutzt diese altertümliche, biblisch anmutende Formulierung. Ob, beginnt sie und schweigt wieder einige Sekunden, ob er sich vorstellen könne, mit ihr, jetzt gleich. Sie stockt, er nickt, obwohl er doch gar nicht wissen kann, was sie von ihm will. Ob er sich vorstellen könnte, setzt sie den Satz fort, gepeinigt von dem, was sich immer noch in ihrem Unterleib abspielt und voller Scham, ja wirklich, sie schämt sich, was sie ihm sagen will, ja sagen muss. Ob er sich vorstellen könnte, mit ihr in das Hotel Aphrodite zu gehen, gleich gegenüber. Wieder schweigt sie und ringt nach Worten. Sie habe auf einmal das dringende, das äußerst dringende Bedürfnis mit einem Mann zusammen zu sein, mit ihm, ob er es glaube oder nicht. Sie lacht kurz auf und wiederholt, ob er es glaube oder nicht, sie brauche jetzt sofort einen Mann und zwar ihn, nur ihn, nur mit ihm wolle sie in das Hotel gehen, mit keinem anderen. Sie ist ganz rot, aber auch erleichtert, dass sie es gesagt hat. Sie fährt fort, in ihr sei ein Gefühl aufgekommen, wie früher, als man noch verliebt war und so rasch wie möglich mit dem Geliebten ins Bett gehen wollte. Er kenne doch sicher diesen Zustand, oder? Hastig fährt sie fort, er solle aber nicht glauben, dass sie eine Nutte sei, die es mit jedem treibe. Sie wolle wirklich kein Geld, nur Sex, sonst nichts, aber den jetzt gleich und mit ihm. Dann schweigt sie und sieht ihn fragend und flehend an, voller Unsicherheit, voller Erwartung, voller Angst, er könne ablehnen oder die Situation als lächerlich empfinden oder einfach aufstehen und weggehen.

Aber der Mann lächelt immer noch und nickt, als ob er alles verstanden habe und ihr Begehren völlig normal sei. Durch sein Verhalten etwas zutraulicher geworden, beginnt ihn zu duzen. Kannst du dir vorstellen, fährt sie fort, mitzukommen, du weißt doch, in dem Hotel da drüben gibt es Zimmer stundenweise und du weißt auch, was das heißt. Es dauert nicht lange und ich will auch nichts Besonderes, ich will nur mit dir zusammen sein, im Bett, verstehst du? Ich weiß, dass mein Wunsch ungewöhnlich ist und kein gutes Licht auf mich wirft. Glaub nur nicht, dass ich mich immer auf diese Weise einem Mann an den Hals werfe, ganz bestimmt nicht, aber ich kann einfach nichts machen gegen dieses drängende Gefühl, das mich plötzlich überfallen hat. Willst du auch? Findest du mich auch ein bisschen nett? Dann komm, dann gehen wir. Du brauchst wirklich keine Angst zu haben, dass ich dich hinterher ausnehmen will oder dich gar beklauen werde. Ich bin keine Nutte, aber trotzdem will ich dich haben, jetzt, sofort. Ich kann mir das alles auch nicht erklären, aber es muss sein. Der Mann nickt wieder, als kenne er ihre Gefühle, als wisse er genau, was sie wolle und warum sie das wolle und auch was ihn erwartet. Ja, wir können gehen, ich muss nur noch bezahlen. Sie ist ganz offensichtlich erleichtert. Er sieht sich nach der Bedienung um, winkt sie herbei. Dann stehen beide auf, er zieht seine Jacke an, sie ihren Mantel und gemeinsam verlassen sie das Café, ohne ein weiteres Wort zu wechseln.
Bevor sie die Straße überqueren, hat sie den Mann am Arm gepackt, als fürchte sie, er könne seinen Entschluss bereuen und abspringen und sie allein lassen. Als könne er sich die Sache überlegen und sie dann im Stich lassen, mit all ihren seltsamen Gefühlen, ihrer Gier nach Befriedigung, ihrem Wunsch nach Erlösung. Sie betreten das Hotel, gehen zur Rezeption. Der Mann fragt, ob ein Zimmer frei sei, räuspert sich und fügt hinzu, für zwei Stunden. Seine Frage erregt bei der dicklichen, jungen Frau hinter dem Tresen kein Erstaunen. Er müsse im Voraus zahlen, dreißig Euro und für jede Stunde länger werden zehn fällig. Die Frau geht vor, in Richtung Treppe. Der Mann redet nun auf das dickliche Mädchen ein, sie antwortet, lacht ein paarmal auf. Für die Frau ist das Gerede nicht nur unverständlich, sondern völlig überflüssig. Das Mädchen schreibt etwas in ein Buch, dreht sich dann zu dem Bord mit den Schlüsseln um, prüft, welches Zimmer frei ist, schreibt weiter, nimmt dann endlich einen Schlüssel, legt ihn auf die Theke und nimmt das Geld, das der Mann schon bereit gelegt hat, die dreißig Euro. All das dauert und die Frau ist sehr ungeduldig, ihre Gefühle drängen, wenn auch etwas schwächer als noch vorhin, im Café. Auf einmal hat sie sogar Angst, dass diese seltsame Lust vorbei sein könnte, bevor sie die erwünschte Befriedigung erhalten hätte. Sie wartet voller Ungeduld, dass die beiden am Tresen endlich zu Potte kommen und mit ihrem Gelaber aufhören. Sie will, dass der Mann endlich den Schlüssel nimmt, zu ihr kommt und mit ihr in das Zimmer geht. Beeil dich, sagt sie leise, quatsch nicht weiter mit dieser fetten Eule herum, die ihn jetzt ganz breit und wissend angrinst. Die ist doch nur dazu da, die Schlüssel auszugeben und das Geld zu kassieren. Warum dauert das so lange, warum will er nicht auch so rasch wie möglich mit ihr in das Zimmer, in das Bett, um die Lust zu stillen, die in ihr brennt und die auch ihn sicher gepackt hat, sonst wäre er doch gar nicht mitgekommen. Kann man als Mann ruhig bleiben, wenn man bei einer Frau ist, die richtig heiß ist, so unendlich heiß und so geil wie sie? Um ihm zu signalisieren, dass er sich beeilen solle, geht sie zurück, fasst ihn wieder am Arm und zieht ihn von der Theke weg in Richtung Treppe. Sie kennt sich aus in dem Hotel, sie weiß, wo die Zimmer liegen, die für ein paar Stunden vermietet werden.

Endlich steigen sie die Treppe hoch, gehen einen schier endlosen Flur entlang, schließen eine Zimmertür auf und treten ein. Das Zimmer ist karg eingerichtet, ein Bett, zwei Stühle, ein kleiner Tisch, ein paar Kleiderhaken an der Wand, sonst nur noch ein Fenster mit verblichenen Vorhängen. Sie sind zugezogen. Kaum sind sie im Zimmer, setzt sich die Frau auf das Bett und zieht ihre Schuhe aus, dann erst den Mantel, den sie achtlos auf den Fußboden wirft. Plötzlich fällt ihr ein, dass sie noch nicht einmal den Namen des Mannes kennt und er den ihren auch nicht. Soll sie das nachholen, ihren Namen nennen? Will sie seinen überhaupt wissen? Nein, das ist jetzt nicht wichtig. Außerdem sind Namen Schall und Rauch, man hat sie schnell wieder vergessen. Es gibt im Moment drängendere Probleme oder sind die doch nicht mehr so drängend? Sie ist leicht verunsichert, was hat sie nur dazu getrieben, ausgerechnet mit diesem Mann hierher zu kommen? Sie kann ihn jetzt sogar etwas genauer anschauen, denn bisher hatte eine Art Schleier ihren Blick getrübt. Er ist wirklich kein attraktiver Typ, stellt sie fest. Ziemlich klein, rundliche Statur, ein Allerweltsgesicht. Er macht einen fahrigen, nervösen Eindruck, als wüsste er nicht so recht, was auf ihn zukommt. Ein Gedanke geht ihr durch den Kopf. Könnte es das erste Mal sein, dass er sich auf ein solches Abenteuer eingelassen hat? Ist er vielleicht eine männliche Jungfrau? Während sie ihr Kleid aufknöpft, denkt sie, dass sie sich den Mann eigentlich gar nicht selbst ausgesucht hatte, dass sie fast automatisch von ihm angezogen worden war. Er steht immer noch untätig neben der Tür, er hat noch nicht einmal seine Jacke ausgezogen. Braucht er Hilfe, eine Anweisung, wie man sich auszieht und was man in einer solchen Situation macht? Dabei musste er doch bestimmt schon an die fünfzig sein, dem Aussehen nach, wenn nicht mehr. War das ein alter Lüstling, der gar nicht weiß, dass er Lust hat und wie er mit seiner Lust umgehen soll? Ein leiser Ärger steigt in ihr auf und verdrängt die bis dahin dominierende Lust. Sie ärgert sich, dass sie kein Geld verlangt hat, dass sie nur mit ihm ins Bett wollte. Wie dumm von ihr, aber konnte sie das jetzt noch ändern? Sie hatte ausdrücklich versprochen, genau das nicht zu tun. Sie kann aber wenigstens diese seltsame Begegnung rasch beenden. Sie ruft ihm zu, er solle sich beeilen. Dann streifte sie das Kleid über die Schultern. Ihr schwarzer Büstenhalter kommt zum Vorschein, ihr Busen ist nicht groß, quillt aber dennoch deutlich über den Rand der zu kleinen Körbchen. Dass er voll und prall erscheint, ist vor allem auf die großzügigen Einlagen zurückzuführen. Ihr zu kleiner Busen ist für sie ein Problem. Sie hofft, er würde keine Bemerkungen machen, ausziehen würde sie den BH jedenfalls nicht. Aber würde dieser Langweiler sie überhaupt anfassen und an ihr herum fummeln? Bis jetzt sieht es nicht danach aus, aber er hat immerhin seine Jacke ausgezogen und auf einen Haken gehängt. Hastig streift sie das Kleid weiter ab, wirft es zum Mantel auf den Fußboden. Dann ist ihre dunkle Strumpfhose dran, darunter zeichnet sich ein schwarzer Slip ab. Um beides auf einmal auszuziehen, legt sie sich auf den Rücken, zerrt an der Wäsche, zerrt sie über die Beine, über die Füße, wirft sie ebenfalls auf den Boden. Dabei beobachtet sie den Mann, der jetzt zwar ohne Jacke da steht, aber keine Anstalten macht, sich weiter auszuziehen. Was ist, willst du jetzt oder nicht? Ihre Stimme ist leiser geworden. Sie fühlt auf einmal mehr Müdigkeit als Lust. Auf was wartest du noch? Sie liegt auf dem Rücken, die Beine weit gespreizt, ihre Intimität ist deutlich sichtbar, der Eingang zu ihrem Paradies offen. Kann ihn wenigstens dieser Anblick erregen und aufmuntern? Sie räkelt sich, wälzt sich ein wenig Hin und Her, stöhnt dabei. Tut sie das, um ihn doch noch anzulocken? Hat sie selbst überhaupt noch Lust? Ihre Gedanken werden immer träger, das Warten nervt sie. Warum ist plötzlich alles so kompliziert? Sie hatte sich vorgestellt, als ihr Not am größten war, als sie diesen Mann regelrecht angefleht hatte, dass auch er irrsinnig geil sein müsste, dass er sich, kaum wären sie im Zimmer, auf sie stürzen würde, dass er sie nehmen würde, wie ein liebestoller Kater eine läufige Hündin besteigt. Quatsch, ein Kater und eine Hündin, das geht nicht, aber egal. Warum macht dieser Langweiler keine Anstalten zu ihr zu kommen, ihr endlich die Befriedigung zu verschaffen, die sie so dringend braucht? Gebraucht hat? Nein, immer noch braucht, mehr denn je braucht. Komm, flüstert, sie. Ich bin doch da, bin bei dir, hört sie eine Stimme. Umarme mich, bettelt sie. Ich bin doch neben dir, spürst du mich nicht? Streichle mich. Fühlst du nicht meine Finger auf deiner Haut, meine Küsse zwischen deinen Beinen? Mach weiter, mein Liebster, beeile dich, komm zu mir, ganz zu mir, komm in meinen Lustgarten, tritt ein, endlich, ja, das ist gut, das tut so gut, dring jetzt endlich ein.... Sie träumt, versinkt, verliert sich in einer diffusen, angenehmen, heilen Welt, in der es nur noch das Glück gibt und sonst nichts.

Als sie wieder zu sich kommt, ist ihr Körper schwer, sie kann weder Arme noch Beine, nicht einmal die Finger bewegen. Es ist nicht möglich, die Augen zu öffnen. Ihr Gehirn ist voller Tran, ihre Gedanken unendlich träge. Sie weiß weder, wo sie ist, noch was mit ihr los ist. Sie weiß nur, dass sie gerade etwas sehr Schönes erlebt hat. Aber was? War es Wirklichkeit oder doch nur ein Traum, den sie schon wieder vergessen hat. Der Traum ist weg, aber das schöne Gefühl ist immer noch da, deswegen muss es ein schöner Traum gewesen sein. Und er hat bewirkt, dass sie ganz ruhig geworden ist. Oder war es doch die Realität, die sie beruhigt hat. Sie erinnert sich auf einmal, an die seltsamen Gefühle, die sie gequält hatten. Dass sie unbedingt mit einem Mann zusammen sein wollt. Aber das, was sie noch vor kurzem so dringend wollte, will sie jetzt gar nicht mehr. Alle diese drängenden Gefühle, die einerseits bedrückend, andererseits erregend waren, sind wie weggeblasen. Die quälenden Wellen aus ihrem Unterleib sind verschwunden, der Druck in den Brüsten, weg. Vielleicht war es doch kein Traum gewesen, vielleicht hat sie doch die Befriedigung erfahren, die sie wollte und dann die Entspannung und dann erst ist sie eingeschlafen. Langsam öffnet sie die Augen, sieht aber nur weißen Nebel. Dann wird ihr aber doch klar, was wirklich geschehen ist, dass sie in einer Situation eingeschlafen ist, in der man einfach nicht einschlafen darf. Das ist ihr im Leben noch nie passiert, einzuschlafen, bevor die Liebe, so nennt man es ja, überhaupt begonnen hat. Das ist ja geradezu peinlich, dass so etwas passieren konnte. Der Nebel lichtet sich weiter und nun begreift sie auch, wo sie ist und dass sie immer noch nackt und breitbeinig auf dem Bett liegt. In dieser unmöglichen, demütigenden Situation aufzuwachen, ist ja fast noch peinlicher, als die Liebe zu verschlafen, denkt sie und ist zugleich froh, dass sie überhaupt wieder klar denken kann und dass auch ihre Sinne wieder funktionieren, denn sie merkt, wie ihre ganze Aufmerksamkeit von etwas angezogen wird. Sie muss mehrfach hinschauen, um zu begreifen, was sie da sieht, was da vor sich geht und nachdem sie es begriffen hat, verschwindet das Gefühl der Peinlichkeit, dafür macht sich großer Ärger in ihr breit. Am Fußende des Bettes steht ein nackter Mann, der Mann, mit dem sie in das Zimmer gekommen ist. Er ist offensichtlich erregt, sein Penis ist halbwegs steif. Aber das ist es nicht, was sie aufregt. Weder der nackte Mann noch sein semi-erigierter Penis. Den Anlass ihres Ärgers hält der Mann in der Hand. Es ist sein Handy, sein beschissenes Handy, auf das er starrt und das direkt auf sie gerichtet ist. Ihr ist völlig klar, was dieser Typ mit seinem Handy macht. Er fotografiert sie, er macht pornografische Bilder von ihr. Wahrscheinlich filmt er sie sogar, dreht einen Porno von einer nackten, hilflosen Frau, die mit weit gespreizten Beinen vor ihm liegt. Das also ist die wahre Absicht dieses Voyeurs, dieses Hampelmanns, der es nicht geschafft hatte, sie zu vögeln, als sie das noch dringend wollte. Was für ein Versager, der es selbst jetzt nicht schafft, sie direkt anzuglotzen, sondern sogar dazu sein bescheuertes Handy braucht. Er will diese Bilder, um sich später aufzugeilen, um sich einen runterzuholen, wenn er allein ist und wann immer er Lust hat, sofern in ihm überhaupt noch Lust aufkommen kann. Billigste Selbstbefriedigung mit Bildern von ihr, für die er noch nicht einmal einen Cent bezahlt hat. Auf diesen Typ ist sie hereingefallen! Mit dem wollte sie unbedingt Sex haben! Sie wollte, aber er nicht. Er wollte sie nur filmen, von Anfang an, denn schon im Café hat er ja dieses Handy auf sie gerichtet, das wird ihr erst jetzt klar. Vielleicht hat er das gebraucht, um sie zu hypnotisieren? Man weiß ja, dass man auf irgendeinen Gegenstand schauen muss, und sei es nur die eigene Nasenspitze, man konzentriert sich und auf einmal ist man weg. Ja, es muss Hypnose gewesen sein, da ist sie sich jetzt ganz sicher. Er hat sie erst in diesen seltsamen Tran versetzt, sie dann in das Hotel abgeschleppt und sie hier in Tiefschlaf versetzt. Und das alles nur, um sie zu missbrauchen. Jawohl, das was er da macht, ist nichts anderes als Missbrauch. Er hat ihre hilflose Situation ausgenutzt und statt sie zu vögeln, wie es verabredet war, hat er sie nur gefilmt. Aber das mit dem Filmen war nicht abgesprochen, davon war keine Rede gewesen, sie wollte doch keine Hauptrolle in einem Porno spielen. Mit einem Ruck richtet sie sich auf, setzt sich hin, verbirgt so ihre offene Blöße, hält sogar reflexartig die Arme vor ihre Brüste, die ja gar nicht frei sind, sondern immer noch in dem zu kleinen BH stecken. Die Gedanken rasen weiter durch ihren Kopf. Wie konnte sie überhaupt in diese Lage kommen? Selbst wenn er sie hypnotisiert hatte oder ihr doch k.o.-Tropfen gegeben hatte, aber wann und wie, selbst dann hätte er sie nicht zum Sex zwingen können. Oder hatte sie doch keinen, war das doch nur dieser verdammte Traum gewesen. Dann fällt ihr ein, dass sie es selbst war, die diesen Handyfreak angesprochen hatte, ihn geradezu angefleht hatte, mit ihr zu schlafen. Wo sind denn nur diese Gefühle geblieben, diese orgiastischen Aufwallungen, diese Hormonstöße, diese vaginale Diarrhö, diese Flut von Sekreten aus ihrer Möse, dieses Brennen im Unterleib, der Druck in den Brüsten? Wo ist das alles geblieben? Was war denn Wahrheit, was hatte sie geträumt? Wahrheit ist, dass sie auf einem Bett in einem schäbigen Zimmer sitzt und ein nackter Mann davor steht, der aber endlich aufgehört hat, sie zu filmen. Er starrt sie jetzt an und nun will sie eine Erklärung, will wissen, was geschehen ist und was überhaupt los ist, mit ihr, mit diesem Mann und endlich fängt sie an zu schreien.

 

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 3894

Weitere Geschichten aus dem Zyklus:

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben