Madlen konnte Madko ansehen, dass er in Gedanken war. Viele, gerade männliche, Kunden versinken in Gedanken, wenn sie sich die Haare waschen und schneiden lassen. Während der Friseurinnenbesuch bei Kundinnen eher die Zunge löst – endlich hört ihnen einmal jemand zu – verabschieden sich Männer ins Nirwana ihrer unergründlichen Gedanken. Wobei Männergedanken auf dem Friseurstuhl so unergründlich auch wieder nicht sind. Wenn Friseurinnen wüssten, wie oft sie pro Tag in Gedanken ausgezogen werden, wäre ihnen noch vor 20 Jahren die Schamröte ins Gesicht gestiegen. Heute ist das etwas anders – Frauenkörper sind – leider – zur Selbstverständlichkeit geworden. Wer sich näher mit Apps wie Instagram oder Tumblr auseinandersetzt, weiss das. Die nackte Frisöse. Opfer männlicher Gedanken. Obwohl die Gedanken von Männern, die als Nächstes an einer Sitzung teilnehmen, mit frisch frisiertem Kopf, meist wohl eher harmlos sind. Es ist ja klar, dass ein Frauenkörper nicht einfach bei den Achseln aufhört. Es gibt da diesen fliessenden, unsäglich schönen Übergang zur Clavicula, zu den Brüsten in ihren mannigfaltigen Formen, zum liebevoll eigebetteten Sternum, zur Bauchmuskulatur, so man denn durch die samtene Frauenhaut hindurch sehen könnte, zum Omentum Majus, der so genannten Fettschürze – obwohl Omentum Majus viel schöner klingt, zum Nabel, zur Linea Fusca, so sie denn vorhanden ist, zum Schamhaardreieck, so es denn vorhanden ist, zur Ritze, zu den Schamlippen, den Schenkeln, den Knien, den Unterschenkeln mit dem formvollendeten Gastrocnemius, zu den Füssen und den wohlgepflegten, lackierten Zehennägeln. Frau halt. Und, oh ja, zum schönsten Teil des Frauenkörpers: zur nicht bei allen Frauen sichtbaren Michaelis-Raute, den Grübchen im Bereich des Sacrums, direkt über dem Hintern, oder, etwas differenzierter ausgedrückt, direkt über dem Glutaeus Maximus.
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