Die Frauen einigten sich auf dieses Rollenspiel, welches den beiden viel Spaß machte. Resa war heute die unartige Tochter, die der armen Mama großen Kummer bereitete. Theresa liebte diese Rollenverteilung. Ihre eigene Mutter hätte niemals Hand angelegt, was Theresa etwas bedauerte. Seitdem sie der Papa übers Knie gelegt hatte, stellte sie sich dasselbe bei ihrer Mama vor. Helena Borowka wäre aber nie auf so eine Idee gekommen! Magda ging es ähnlich, da auch sie eine strenge Mama vermisst hatte. Durch die heißen Stunden mit Hedwig lernte sie ihre devote Seite kennen. Nun wollte Magda einmal selbst aktiv werden, und der hübschen Theresa ein paar ganz besonders süße Nachhilfestunden verabreichen.
Magda lächelte zufrieden, als das große Mädchen vor ihr stand. Sie hatte Resa eine passende, rosa Schleife ins Haar gebunden, die sie noch mädchenhafter erscheinen ließ. Theresa spielte an der weißenSchürze, die das hübsche Kleid vor Schmutz schützen sollte. Nun begann Magda das Spielchen. „Hast du mir etwas zu sagen, Theresa? Ich habe einen Brief von der Schule erhalten…“
Resa nestelte an ihrem Schürzenzipfel, während sie ein unschuldiges Gesicht aufsetzte. „Nein Mami! Was steht denn in diesem Brief drin?“ Magda klang empört, als sie erwiderte: „Das solltest du schon wissen, du Schlingel! Du hast den Unterricht geschwänzt und das gleich an mehreren Tagen. Ich war viel zu nachgiebig, Theresa, aber damit ist jetzt Schluss! Es wird Zeit, dass ich dir besseres Betragen beibringe…“ Resa versuchte sich herauszureden, was aber gründlich fehlschlug. Magda steigerte sich immer stärker in ihre Rolle hinein, worüber sie sich selbst am meisten wunderte. Sie bevorzugte ja eigentlich, unterworfen zu werden. Bei Hedwig wäre ihr nie der Gedanke gekommen, selbst einmal den aktiven Part einzunehmen. Doch Theresa weckte etwas in ihr, das im Verborgenen schlummerte.
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