Ich verfolge den Musiker mit Blicken die gesamten zehn Stunden, die ich auf dieser Demo verbringe. Es ist einfach Bewunderung für einen Mann, der hundertprozentig meinen Geschmack trifft. Seine Frisur, die dunklen Haare, die Augen, sein Mund, nein, so genau kann ich das ja anfangs gar nicht sehen, aber trotzdem weiß ich, dass er ein Traum ist, von oben bis unten, von außen bis innen. Ich erwarte nichts weiter, keine Taten, wie könnte ich.
Doch dann, kurz nach dem Soundcheck, steht er genau vor mir, ja, schon etwa 50 Meter entfernt. Aber ich stehe direkt vor der Bühne links, und er steht genau neben dem Bühnenaufgang, und er steht dort ganz und gar allein und er schaut genau zu mir. Und zwar so, als sei er überrascht, als habe er mich entdeckt, als ziehe es auch ihn auf magische Weise zu mir.
Dass wir uns anschauen, ist im Grunde übertrieben. Aber wir schauen beide, und zwischen uns entsteht etwas. Ich bin freudig überrascht, ich hätte es nicht erwartet. Vielleicht ist ihm einfach aufgefallen, dass ich alleine bin, und dass ich sehnsüchtig bin.
Sein Auftritt ist erst ganz am Ende. All die Stunden vorher ist er mal hier und mal da, mal ganz verschwunden, vielleicht in dem Zelt für die Crew hinter der Bühne. Dann habe ich Zeit, mich auf die Reden und Gesänge aller anderen zu konzentrieren. Ich hole mir etwas zu essen, ich bin mal hier, mal da und einfach glücklich, dass alle um mich herum mir so gefallen. Dass ich mich nicht mehr wie im Zombieland fühlen muss. Jeder Schritt, jeder Atemzug in dieser Menschenmenge tut so gut. Es wird langsam kühler, es wird dunkler, ich sehe ihn wieder an derselben Stelle stehen. Diesmal sehe ich seinen Blick leider auf die junge blonde Veranstalterin gerichtet. Dieser lächelnde, einladende, gefühlvolle Blick. Mist, die hat natürlich viel bessere Chancen. Egal, jetzt bin ich hier.
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