Doch dann muss er die Gitarre einpacken, die Blonde und die Rothaarige gehen ein Stück weg, vielleicht wollen sie ihn später irgendwo abpassen oder sie sind noch verabredet mit der Veranstalterin und ihm. Am besten ich gehe ins Hotel. Ich gehe ein Stück vorbei an der Bühne, und da steht er plötzlich vor mir. Allein, im Halbdunkel, nur mit seiner Gitarre. Bevor ich viel nachdenken kann, sage ich: „Brauchst du einen Schlafplatz?“
Nein, ehm, ich, wir schlafen alle – er macht eine Pause und ich schaue zu ihm auf und lasse ihn in mich eindringen. „Ja“, sagt er dann. „Ich brauche einen Schlafplatz. Ich muss nur noch meine Gitarre ins Auto bringen.“
Er geht weg und ich fürchte, er kommt nie wieder. Doch während sich brav die gesamte Versammlung auflöst und ohnehin schon seit 21 Uhr Sperrstunde ist – der Ort ist offenbar ein schlimmer Hotspot – taucht er wie ein Schatten wieder neben mir auf. Er nimmt mich sofort an der Hand und wir gehen an der Polizei vorbei durch die tote Fußgängerzone mit dunklen, geschlossenen Lokalen. „Kommst du von hier?“ fragt er.
„Nein“, sage ich. „Aber ich habe ein Hotelzimmer.“
Wie gut, dass mir der Rezeptionist gesagt hat, dass ich nach 22.30 Uhr zur Hintertür gehen soll, die sei geöffnet, denn er nicht mehr da. Wir lassen uns von einem Taxi direkt zur Hintertür fahren, ich zahle. Wir gehen zu Fuß in den 1.Stock, Zimmer 107, eine Glückszahl. Ich bin so müde, als sei schon drei Uhr nachts. Ich öffne die Tür und mache das Licht im Badezimmer an, lasse die Tür einen Spalt offen.
Er ist auch so müde, das sehe ich, und so bedürftig. Ich möchte nichts von ihm haben, er soll sich nicht anstrengen müssen, ich will alles nur für ihn tun. Er legt sich mitsamt seinen wunderbaren Klamotten auf das Doppelbett und lächelt, als habe er gerade meine Gedanken gelesen. Er liegt ganz ruhig da. Ich streichle seine Haare, die akkurat geschnitten sind, sein Gesicht, seine Lippen, er lächelt und lächelt und genießt es.
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