Sie saßen friedlich im Halbkreis, einige beobachteten die Wolken, andere hatten die Augen geschlossen, manche murmelten leise vor sich hin, wie buddhistische Jünger ihre Mantras. Nach etwa einer Stunde trat der Heiler wieder vor sie hin und erklärte die Sitzung für beendet. Er lobte alle für ihr diszipliniertes Verhalten und meinte, die ersten Kräfte kämen immer ziemlich lautlos und er habe bewusst einen Platz ausgesucht, der sehr ruhig sei. Selbst wenn sie hier nichts gespürt hätten, würden sie bestimmt bald merken, dass sie ruhiger geworden seien, als noch bei ihrer Ankunft.
Das Abendessen im Pelikan entsprach durchaus seinen Erwartungen. Bevor er jedoch im Restaurant Platz genommen hatte, war er in die Kirche und zum Kloster und vor allem zum Bahnhof gegangen, um die alten Erinnerungen vor Ort aufzufrischen. Der Rotwein, ein süffiger Trollinger, den er zu dem Jägerbraten mit Klößen und Marktgemüse bestelle, war ausgezeichnet und er bereute seinen Entschluss keine Sekunde, nicht zuletzt wegen der netten Bedienung, die ihn jedes Mal freundlich anlächelte, wenn sie etwas brachte. Sie war sehr jung, mittelgroß und sehr schlank. Sie trug ein grünes Dirndl, das ihr zwar gut stand, aber viel zu groß für ihre schmale Gestalt war. Es verbarg alle weiblichen Proportionen, insbesondere das Mieder, das sonst die Blicke der Männer auf sich zu ziehen pflegte, war alles andere als ausgefüllt, eigentlich war von ihrem Busen nichts zu sehen, nur blütenweißer Stoff. Sie war sehr freundlich, wenn sich ihr Gesicht auch durch nichts Außergewöhnliches auszeichnete, es war ihre jugendliche, ländliche Frische, die den Charme ausmachte. Sie wechselten ein paar belanglose Worte, und als er zahlte, gab er ihr, wie es seine Gewohnheit war, ein ordentliches Trinkgeld. Vielleicht war das der Grund, dass sie bei der nächsten Begegnung, beim Mittagessen am folgenden Tag, den Gast besonders herzlich begrüßte und ihm erneut ihr schönstes, jugendliches Lächeln schenkte, ihn aber dann nicht weiter beachtete, da sie an einem anderen Tisch bediente.
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