Mariangela gibt sich hin

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Mariangela gibt sich hin

Mariangela gibt sich hin

Anita Isiris

Einzig Mariangelas Mutter warf scheele Blicke auf die Tavernenbesucher, die sich an ihrer Tochter zu schaffen machten. Hinter der kleinen Durchreiche, an der in diesem Moment Stefano immer heftiger an seiner Lanze rieb, konnte sich die unscheinbare Frau diskret ein Bild machen von dem, was sich abspielte. Bestimmt würde ihre Tochter zumindest in der Vorhölle enden, wenn sie so weitermachte. Auch ihr fiel auf, wie feminin sich Mariangela gab, fast von einem Tag auf den andern, und sie beschloss, ihre Tochter noch besser als bisher zu überwachen.

Dann kam der Tag, an dem sich Mariangelas Mutter nicht mehr von ihrem Schlaflager erheben konnte. Ihr war nicht nur schwindlig und übel, sondern ein ziehender Schmerz breitete sich über ihren ganzen Körper aus. Mariangela liebte ihre Mutter zwar, fühlte sich von ihr aber auch eingeengt. Scheu trat sie unter die Tür und stellte erschreckt fest, wie eingefallen die Wangen ihrer Mutter waren. Über Nacht war sie in erschreckendem Mass gealtert. Ihr Fernbleiben von der Arbeit in der Taverne verschaffte Mariangela andererseits ungeahnte Freiheiten. Indirekt unterstützte ihr Vater ja ihre Tändeleinen mit den Besuchern, an denen Mariangela von Nacht zu Nacht immer mehr Gefallen fand. Stefano hatte sie aus ihrem stolzen Herzen verdrängt. Auf eine bestimmte Weise fühlte sie sich ihm zwar verbunden, aber wohl eher auf schwesterliche Art.

Die eine Nacht, in der er sie in ihrem Kämmerchen derart liebevoll und diskret zur Seinen gemacht und sie genommen hatte, erachtete sie als Ausrutscher. Mariangela fühlte sich zu Höherem geboren, und sei es in den Armen eines deutschen Ritters, der sie in die teutonischen dunklen Wälder in eine kalte Burg entführen konnte.

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