Mariangela verkaufte an jenem Tag nahezu ihre gesamte Auslage innert weniger Stunden, gerade noch rechtzeitig, bevor sie allzu viele Fliegen verscheuchen musste. So hatte sie ein Quäntchen Freizeit gewonnen, das sie dem Gebet widmen wollte. Dem Gebet und vor allem der Beichte im Kirchlein von Trastevere. Sie rollte das Tuch zusammen, räumte die handgeschriebenen Preisschilder weg und fixierte die Marktutensilien an Pepitos Seitentasche. Energievoll schwang sie sich auf ihr geliebtes Maultier und zuckelte Richtung Kirche. Was sie nicht wusste war, dass ihre beiden Liebhaber, Ritter Kuno und Stefano, der Küchenjunge, ihr gefolgt waren, jeder auf einem eigenen Weg. Wären die beiden Männer sich in einem der verwinkelten Gässchen begegnet, wer weiss, es hätte womöglich ein Scharmützel abgesetzt, wobei der feingliedrige, sensible Stefano vermutlich unterlegen wäre.
Beide Männer wussten in etwa, wann Mariangela den Markt am Abend verlassen würde, staunten jedoch, als sie, weil die junge Frau vor der Zeit alles verkauft hatte, deren Zelt leer vorfanden.
Die völlig ahnungslose Mariangela band ihr Maultier an einer Pinie vor dem Kirchlein fest und sah erleichtert, dass sich das Tier in den Schatten begeben konnte. Die Hitze war auch für sie nahezu unerträglich. Umso wohliger atmete sie durch, als die Kühle der kleinen Kirche auf sie einströmte. Zuhinterst in der schmucken Kirche befand sich eine winzige Sakristei, und der Sakristan war gerade daran, ein paar Utensilien abzustauben. Der Mann gefiel ihr nicht besonders – insbesondere dem Glitzern in seinen Augen gegenüber empfand die junge Römerin Misstrauen. Erleichtert war sie, als der Pater auf sie zukam. Ihn kannte sie, seit sie ein kleines Mädchen war, und der Mann wusste, dass er auf die kleine Tavernenfamilie als regelmässige Kirchenbesucher und Spendenwillige zählen konnte.
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