Es gab ein ausladendes Trinkfest, Schweine wurden auf offenem Feuer gebraten, und es konnte gut sein, dass gegen Mitternacht, kurz vor dem Höhepunkt der Burghochzeit, Schweinsköpfe durch den Saal geschleudert wurden. Derart barbarisch, das ahnte er bereits, würde es bei der Hochzeit von Mariangela und ihm nicht zugehen. Das prickelnde Momentum teutonischer Hochzeiten stand aber erst noch bevor. Nachdem die Schweinsköpfe geschleudert und unter dem Johlen der Gäste Weinkaraffen zum Spritzen gebracht hatten, entfernten sich die Frauen mit der Braut, von der grölenden männlichen Horde nahezu unbemerkt. Sie steckten die Haare der vor Aufregung errötenden Bräute hoch und verzierten sie mit zumeist weissen Blüten, um die Jungfräulichkeit hervorzuheben. Dann geleiteten sie die Braut ins Schlafgemach, wo das künftige Ehebett mit weissen Laken bereitstand. Dort wurde das Mädchen entkleidet und aufs Bett gelegt. Die Rolle der Bräute war zu jener Zeit ausgesprochen passiv; wie Wachspuppen liessen sie die Mütter, Schwestern, Freundinnen und Nachbarinnen an sich arbeiten. In vermögenden Familien wurde den künftigen Gattinnen edler Schmuck um den Hals gelegt, Schmuck, der mit geheimnisvollem Leuchten die kecken jungen Brüste noch besser zur Geltung brachte. Ganz selten wurden auch Blüten ins Schamhaar geflochten. Die so entstandene Augenweide war aber nicht nur für den künftigen Ehemann gedacht. Alle geladenen Männer sollten sich an der Nackten ergötzen dürfen, es war dies der kurze, aber intensive Höhepunkt, der dazu führte, dass die Hochzeitsgäste so zahlreich waren, dass Speis und Trank kaum ausreichten, um alle zu verköstigen. Eifersüchtig waren die Eheweiber kaum – ihre Männer durften die nackten jungen Gemahlinnen ja nur anschauen, und dies für vergleichsweise kurze Zeit, bevor dann der glückliche Gemahl nahm, was ihm gehörte und sein Bräutchen nach der ersten Ehenacht kaum mehr aus den Augen liess.
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